Christian Aarset hat kürzlich an der Universität Klagenfurt promoviert. Nun ist er an der Universität Bergen als Post Doc tätig.

Foto: Universität Klagenfurt

Es ist ein alter Traum der Menschen, in die Zukunft blicken zu können. Mathematik macht das bis zu einem gewissen Grad möglich, wie die Modelle zur Entwicklung der Infektionszahlen in der Corona-Pandemie zuletzt eindrücklich gezeigt haben. Auch der Mathematiker Christian Aarset arbeitet an Modellen, mit denen sich Zukunftsprognosen anstellen lassen. Pandemisches Geschehen ist dabei weniger im Fokus, eher noch die Population von Tierarten und die Evolution der Menschheit.

"Ich habe mich schon in der Volksschule in die Mathematik verliebt", sagt der gebürtige Norweger. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen als Schüler war es, mathematische Zusammenhänge zu erfassen, die im Lehrplan erst Jahre später vorgesehen waren. Seine Dissertation führte ihn vor vier Jahren an die Universität Klagenfurt. Diesen Juli konnte der 28-Jährige die Arbeit erfolgreich verteidigen.

Kaninchen auf einer Insel

Die Grundidee, die er dabei verfolgte, war folgende: "Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Insel, und auf dieser gibt es eine gewisse Population einer Tierart, zum Beispiel Kaninchen." Nun will man wissen, wie sich die Kaninchenpopulation von Jahr zu Jahr verändert. "Idealerweise will man in die Zukunft sehen und wissen, wie viele Kaninchen es zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt."

Den Beitrag, den Aarset in seiner Dissertation leistete, war, dass er ein Modell für solche Fragestellungen entwickelte, das auch die räumliche Verteilung berücksichtigt. Bisher war diese weitgehend außer Acht gelassen und nur die bloße Anzahl erfasst worden.

Breites Anwendungsfeld

In Aarsets Modell hingegen wird in Betracht gezogen, ob sich die Kaninchen eher in der Mitte der Insel befinden oder an den Stränden. Durch diese Zusatzinformation wird das Modell um einiges komplizierter, allerdings auch präziser.

"Das ist ein rein theoretisches, mathematisches Modell, aber es kann von einer Reihe von Wissenschaftern für ihre jeweiligen Forschungsgebiete genutzt werden", sagt Aarset. Seine Postdoc-Stelle hat den Mathematiker kürzlich zurück nach Norwegen an die Universität Bergen geführt. In dem Forschungsbereich, in den er sich nun einarbeitet, geht es um mathematische Modelle der Genetik. "Wir wollen herausfinden, was dazu führt, die Evolution zu stoppen." Sobald eine Spezies stabile Lebensumstände erreicht hat, hört sie auf, sich weiterzuentwickeln. "Es gibt aber auch sehr viele Beispiele in der Gegenwart und in der Geschichte, wo sich Spezies laufend anpassen."

Verteilung von Genen

Aarset arbeitet nun an einem mathematischen Modell, in dem es anstelle der räumlichen Verteilung von Kaninchen um die Verteilung von Genen geht. "Obwohl es um eine ganz andere Problemstellung geht, ist das mathematische Modell überraschend ähnlich", sagt Aarset.

"Anstelle der Anzahl von Kaninchen berechnen wir in diesem Fall, wie schnell sich eine Spezies entwickelt." Der Mathematiker arbeitet dabei auch eng mit Datenwissenschaftern zusammen und zieht insbesondere Daten paläontologischer Funde heran, um die Mathematik mit der Wirklichkeit abzugleichen. (Tanja Traxler, 6.9.2020)