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Mustapha Adib soll die neue libanesische Regierung bilden.
Foto: REUTERS/Mohamed Azakir

Ob es als Geschenk betrachtet werden kann, was Mustapha Adib an seinem 48. Geburtstag am Sonntag beschert wurde, darüber kann man streiten: Von seiner Nominierung als libanesischer Premier, in einer extrem schwierigen Phase seines Landes, erfuhr er in Berlin, wo er seit 2013 als Botschafter stationiert war. Am Abend seines Jubeltags war Adib bereits auf dem Weg nach Beirut und wurde dort am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt.

So schnell geht es selten im Libanon: Aber der Jurist, der bereits in jungen Jahren Professor für Verfassungsrecht war, wurde gleich von mehreren früheren Regierungschefs nominiert und erfuhr Zuspruch auch von anderen Parteien. Ihm unterlag bei der Abstimmung ein diplomatisches Schwergewicht: der frühere Botschafter bei der Uno in New York und jetzige Richter beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag, Nawaf Salam.

Mustapha Adib gelobte, ein Kabinett von "Spezialisten" bilden zu wollen mit parteipolitisch unabhängigen Ministern: Allerdings hatte das auch sein Vorgänger Hassan Diab vorgehabt und erlag dann teilweise dem Druck der Regierungsparteien. Diab trat am 10. August – nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut, die fast ein ganzes Stadtviertel zerstörte – zurück und führt interimistisch die Geschäfte weiter. Hoffentlich ist es kein schlechtes Omen, dass Adib ein Anagramm von Diab ist.

Beste Noten, aber weitgehend unbekannt

Der designierte Premier bekommt jedenfalls von jenen, die ihn kennen, beste Noten ausgestellt; für die meisten Libanesen und Libanesinnen ist er eher ein unbeschriebenes Blatt. In der Politik ist er jedoch kein völliger Neuling.

Nach Studien der Politik- und der Rechtswissenschaften in Frankreich, dem Libanon und Großbritannien schlug er zuerst eine universitäre Karriere ein. Im Jahr 2000 wurde er jedoch Berater des damaligen Ministers für Öffentliche Arbeiten und Verkehr, Najib Miqati. Der wurde 2011 Premier – auf einem Ticket der Hisbollah, mit der er sich später überwarf – und machte Adib zu seinem Kabinettschef.

Dazwischen war Adib, der Vater von fünf Kindern ist, Präsident des Center for Middle Eastern Strategic Studies (CESMO) und beschäftigte sich als Jurist mit dem libanesischen Wahlrecht. Nach dem Scheitern der Regierung Miqati ging er als Botschafter nach Deutschland, wo er, bedingt durch seine lange Aufenthaltsdauer, zum Doyen des diplomatischen Corps wurde. Dieses siebenjährige Ausgedinge ist nun beendet. (Gudrun Harrer, 2.9.2020)