Die Regierung präsentierte am Mittwoch keine neuen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen.

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Wien – Da standen sie wieder – einer neben dem anderen in alter Eintracht: Kanzler, Vizekanzler, Gesundheitsminister, Innenressortchef, das österreichische Corona-Regierungsquartett. Wenn einer das Wort ergriff, wandten sich ihm die anderen zu und lauschten freundlich nickend – im Pressefoyer nach dem ersten Ministerrat seit der Sommerpause am Mittwoch wurde innerkoalitionärer Zusammenhalt zur Schau gestellt, bevor Österreich in den Corona-Herbst schlittert.

Viel Lärm um nichts

Zuletzt war der grüne Gesundheitsmann Rudolf Anschober oft allein vor die Presse getreten, dann die Soloerklärung von Sebastian Kurz (ÖVP) vergangenen Freitag, die Rede von Anschober am Dienstag. Und ständig kamen neue Gerüchte auf, dass es leise knirsche im türkis-grünen Gebälk. Hinzu kommt: Alle Pressetermine waren von wenig Inhalt getragen. Man fragte sich: Warum das Spektakel?

Auch am Mittwoch wurden die Erwartungen nicht erfüllt: Im Vorfeld war – befeuert durch verheißungsvolle Ansagen von Regierungsmitgliedern – spekuliert worden, dass eine Verschärfung der Maßnahmen droht. Schlussendlich wurde es ein Appell an die Eigenverantwortung. Lediglich eine Empfehlung gab es von Kanzler und ÖVP-Chef Kurz und Gesundheitsminister Anschober: Bei privaten Zusammenkünften sollen sich künftig nicht mehr als 25 Personen versammeln.

Exekutiert wird die Aufforderung nicht, kann sie auch gar nicht. Eine derartige Einschränkung im privaten Bereich ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Das weiß auch die Regierung. Ansonsten war das Altbekannte zu hören, das der Bevölkerung nun wieder vehementer eingebläut werden soll: Abstand halten, Hände waschen, Maske tragen – bitte auch ohne Zwang.

Hausverstand und Wunder

Bei privaten Feierlichkeiten pocht Kurz auf den Hausverstand. Auch Weihnachtsfeiern sollten nur im kleinen Rahmen geplant werden. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler erklärte das in bekannt-süffisanter Manier: "Im Herbst und Winter, wenn es wieder kuscheliger wird, da kuschelt das Virus mit."

Man wird sich deshalb auch auf Verschärfungen einstellen müssen, erklärte der Kanzler im Gespräch mit Journalisten nach dem Pressefoyer. "Wir werden in betroffenen Regionen stärkere rechtsverbindliche Maßnahmen erleben. So viel kann ich Ihnen heute schon garantieren. Alles andere wäre ein Wunder", sagte er. Welche Maßnahmen das sind, sei bekannt, hört man aus sämtlichen Ministerbüros – Österreich habe das alles ja schon einmal durchgespielt. "Neues werden wir nicht mehr erfinden", formuliert es eine Pressesprecherin.

5000 Menschen indoor

Diskussionen soll es regierungsintern um Großveranstaltungen gegeben haben. Derzeit sind bei Indoor-Events ja noch bis zu 5000 Zuschauer zugelassen. Die ÖVP habe auf verbindlichere Regeln gedrängt, die Grünen hätten sich aber quergelegt, war am Mittwoch zu hören. Die Regierungsspitze selbst stritt das auf Nachfrage ab. Wobei aus der ÖVP zu vernehmen ist: Natürlich wäre es eine der ersten Maßnahmen, Großveranstaltungen zu beschränken oder gar wie in Deutschland abzusagen, wenn die Infektionszahlen wieder steigen.

Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Anschober begründen die aktuell großzügige Regelung damit, dass für Veranstaltungen eigene Präventionskonzepte notwendig seien – deshalb könne man sie nicht mit privaten Begegnungen vergleichen. Darüber hinaus wurde für Freitag ja bereits die nächste Corona-Pressekonferenz anberaumt: Dann wird die Corona-Ampel erstmals offiziell und öffentlich geschaltet. Jede der Farben bekommt Maßnahmen zugewiesen, die dann regional umgesetzt werden, wenn die Ampelfarbe umspringt – und da sollen auch Regelungen für Veranstaltungen enthalten sein. Für Freitag wird jedoch erwartet, dass Österreich vorerst grün leuchtet.

Die Opposition ortet nach den vielen Presseterminen nun jedenfalls ein "Ampel-Ausweichspiel". Die SPÖ spricht von "Showpolitik". (Katharina Mittelstaedt, 2.9.2020)