Er redet von "Anstand". Gernot Blümel, Wiener Spitzenkandidat der ÖVP und Finanzminister, ist dagegen, dass die Stadt Wien ein paar Dutzend kranke oder sonstig bedürftige Kinder aus dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos holt.

Der ganz Satz lautet so: "Gerade in Wien braucht es eine Mitte-rechts-Politik mit Anstand und Hausverstand. Viele Menschen fühlen sich in ihren Grätzeln in Wien nicht mehr zu Hause."

Gernot Blümel, Wiener Spitzenkandidat der ÖVP und Finanzminister.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Nun ist ja bekannt, dass die türkise Politik mit freundlichem Lächeln grundsätzlich jene humanitäre Hilfe für ein paar Kinder und Jugendliche ablehnt, zu der sich z. B. die CDU/CSU in Deutschland bereiterklärt hat. Dass die Kinder in diesem Lager dahinvegetieren, spielt dabei keine Rolle. Aber dabei von "Anstand" zu reden ist schon atemberaubend mutig.

Auch "Hausverstand" ist da nur dann der richtige Ausdruck, wenn man sich "kleinhäuslerisch" dazudenkt. Aber Blümel denkt auch an die Menschen, die sich in ihren Grätzeln nicht mehr wohlfühlen, wenn eine Flut von vielleicht 50 Kindern über sie hereinbricht. Das Schlüsselwort in dieser Wahlkampfaussage ist aber die "Mitte-rechts-Politik", die Wien angeblich braucht. Mitte-Rechts war ein türkiser Code für die Koalition mit der FPÖ.

Da trauert einer diesen glorreichen Zeiten nach. Oder er will das trostlose Erbe von Titanen wie Heinz-Christian Strache oder Dominik Nepp antreten. (Hans Rauscher, 2.9.2020)