Tokio – In das Rennen um die Nachfolge des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe ist ein neuer aussichtsreicher Bewerber eingestiegen. Der Regierungspolitiker Yoshihide Suga gab am Mittwoch seine Kandidatur bekannt und kündigte dabei zugleich an, im Falle eines Sieges Abes Kurs aktiver Wirtschaftsförderung fortzusetzen.

Er habe sich für die Bewerbung um den Vorsitz der Liberaldemokratischen Partei LDP bei der Wahl am 14. September entschieden, um ein politisches Vakuum während der Coronavirus-Pandemie zu vermeiden. Suga ist ein langjähriger Vertrauter Abes und als Chefkabinettssekretär der oberste Regierungssprecher. Wegen der LDP-Mehrheit im Parlament steht praktisch fest, dass ihr neuer Vorsitzender auch die Nachfolge Abes an der Spitze der Regierung antreten wird. Der 65-jährige hat vergangene Woche aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt als Partei- und Regierungschef angekündigt.

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Yoshihide Suga will Premier werden.
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suga"Kurs vorantreiben"

"In dieser Zeit der nationalen Krise dürfen wir kein politisches Vakuum zulassen", sagte Suga. Er kündigte an, den Kurs des scheidenden Ministerpräsidenten "beibehalten und vorantreiben" zu wollen. Er ist auch für zusätzliche Lockerungsschritte der Zentralbank im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Abe hat mit seiner nach ihm benannten Wirtschaftspolitik "Abenomics" Japan fast acht Jahre geprägt. Der Begriff steht für eine aktive Wirtschaftsförderung aus lockerer Geldpolitik, hohen Staatsausgaben und Reformen.

Abe gelang es Anfang des vorigen Jahrzehnts, die Notenbank auf Linie zu bringen und sie bis heute zu einer beispiellosen Geldschwemme anzuregen, um die Wirtschaft anzutreiben. Der derzeit als Chef-Kabinettssekretär fungierende Suga will wirtschaftspolitisch in Abes Fußstapfen treten: "Wir werden uns die Entwicklungen ansehen und wenn es notwendig ist, Jobs zu schützen, möchte ich weitere geldpolitische Schritte fördern, da sich die Wirtschaft in einer kritischen Phase befindet."

Suga gilt als Self-Made-Mann. Sein Aufstieg von einem Stadtrat in Yokohama bis in die Regierung ist bemerkenswert in einem Land, in dem politische Spitzenämter häufig mächtigen Familien vorbehalten sind. Abe etwa ist der Enkel eines Ministerpräsidenten und der Sohn eines Außenministers. Als Chefkabinettssekretär war er seit 2012 auch für die Koordination der Regierungspolitik und die Leitung des Verwaltungsapparats zuständig. Für viele erweckt er aber eher den Anschein eines Akteurs hinter den Kulissen als den einer Führungspersönlichkeit in erster Reihe. Einige Experten bezweifeln daher, ob er am besten geeignet ist, die LDP in die nächste Parlamentswahl im Oktober 2021 zu führen.

Als Sugas größter Rivale gilt der ehemalige Verteidigungsminister und Ex-Außenminister Fumio Kishida. Aber auch der frühere Verteidigungsminister Shigeru Ishiba hat seinen Hut in den Ring geworfen. (APA/Reuters, 2.9.2020)