Sie streichen Wände und verlegen Fliesen. Sie bringen im Restaurant das Schnitzel, bedienen an den Tankstellen und in den Bäckereien die Kunden oder arbeiten als Techniker für die großen heimischen Mobilfunker. Die Rede ist von den Ungarn, Slowaken, Slowenen, Tschechen, aber auch den vielen Deutschen, die zwar jenseits der Grenze leben, aber für ihre Arbeit täglich oder wöchentlich nach Österreich pendeln.

Kaum ein anderes Land in der EU ist so beliebt unter ausländischen Einpendlern wie Österreich. Mit Ausnahme von Luxemburg arbeiten gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten nirgendwo so viele Staatsbürger, die im Ausland leben. Das liegt natürlich an der geografischen Nähe Österreichs zu Osteuropa und daran, dass das Lohnniveau in diesen Staaten immer noch deutlich niedriger ist.

Eine der großen Fragen, die Unternehmer wie Ökonomen beschäftigt hat, war zuletzt, wie die Corona-Pandemie die Pendelströme verändert. Grenzschließungen im Frühjahr machten ja Risiken deutlich, die das grenzüberschreitende Arbeitsmodell mit sich bringen kann. Doch ein Blick in die Statistik zeigt, dass der Corona-Schock extrem kurz war: Die Anziehungskraft des österreichischen Arbeitsmarktes scheint ungebrochen, die Mitarbeiter, vorrangig aus Osteuropa, sind offenbar nicht ersetzbar.

Laut einer Auswertung des Forschungsinstituts Wifo für den STANDARD arbeiteten im Juli 2020 insgesamt 115.913 Menschen mit einem ausländischen Wohnsitz in Österreich. Das sind um gerade 500 Personen weniger als noch im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Beschäftigung von Menschen mit ausländischem Wohnsitz ist damit sogar stabiler als die Gesamtbeschäftigungszahlen in Österreich, die stärker zurückgegangen sind.

Dabei ist es nicht so, als hätte es nicht einen deutlichen Einbruch durch die Pandemie gegeben. Die Auswertung zeigt, dass im März plötzlich 22.000 Menschen weniger aus den Nachbarstaaten nach Österreich kamen als im Vormonat. Der Einbruch blieb auch im April relativ konstant. Doch dann setzte eine kräftige Erholung ein, und die Zahlen erreichten das Vorkrisenniveau.

Aber warum war die Erholung bei der Beschäftigung in dieser Gruppe so stark, kräftiger sogar als am Arbeitsmarkt insgesamt? Eine der Erklärungen ist die Entwicklung auf dem Bau. Viele Baustellen standen im März und April still. Als die Arbeit wieder losging, war die Erholung schnell, wovon eben auch die auf dem Bau beschäftigten Arbeitnehmer aus Ungarn und der Slowakei überproportionale profitiert haben, sagt der Wifo-Ökonom Helmut Mahringer.

Viele unersetzbar?

Eine andere mögliche Erklärung ist, dass Einpendler genau dort arbeiten, wo sie nicht ersetzbar sind. Ein klassisches Beispiel wären Schlachthöfe. Im Frühjahr klagten viele Schlachtbetriebe, dass ihnen Arbeitskräfte fehlen. Inländer können sich für die oft körperlich harten und vergleichsweise mäßig bezahlten Jobs nur selten begeistern.

Die meisten der Einpendler nach Österreich, 42.600, kommen jedenfalls aus Ungarn, weshalb die aktuellen ungarischen Grenzschließungen den heimischen Unternehmen besonders Kopfzerbrechen bereiten. Ob sich die jüngsten Maßnahmen Ungarns auswirken werden, ist aus den Daten des Wifo natürlich nicht rauslesbar.

Die größten Gruppen danach sind Deutsche, Slowenen und Slowaken.

Den Bausektor traf die Krise zunächst stark. Die Erholung fiel aber kräftig aus.
Foto: Newald

Die meisten Pendler arbeiten in Niederösterreich, gefolgt von der Steiermark, dem Burgenland, Oberösterreich und Wien. Die meisten Beschäftigten mit ausländischem Wohnsitz sind in der Industrie tätig, extrem viele arbeiten als Leiharbeiter. Wie erwähnt sind auch Bau und Gastronomie große Sektoren.

Für die ausländischen Einpendler gilt eine Reihe von Sonderregelungen: Sie zahlen zum Beispiel zwar hier Arbeitslosenversicherung. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben sie aber nur in ihrem Heimatland, was in vielen Fällen eine extreme Verschlechterung mit sich bringt. In Ungarn ist das Arbeitslosengeld auf drei Monate befristet, und es liegt bei bloß etwas mehr als 300 Euro. Wer sich in Österreich zum Schein anmeldet, etwa bei einem Kollegen, um das Arbeitslosengeld nicht zu verlieren, macht sich wegen Betrugs strafbar. Eine Prüfeinheit des AMS macht Jagd auf solche Fälle. (András Szigetvari, 3.9.2020)