In Europa könnten bis zu 50 Prozent der im Internet zum Verkauf angebotenen Produkte gefälscht sein, warnen Wissenschafter.

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Vor gefälschten und minderwertigen Impfstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten warnt Inter-Academy Partnership (IAP), ein Verbund von über 140 Wissenschaftsakademien weltweit. Solche Fake-Medikamente könnten eine Million Todesopfer pro Jahr zur Folge haben, heißt es in einer Erklärung von IAP, in der Maßnahmen empfohlen und die Politik zum Handeln aufgefordert wird.

Der Handel mit Fake-Medikamenten nehme ständig zu, schreiben die Experten des Akademien-Netzwerks, dem auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehört, in einem Statement. Dadurch würde Patienten nicht nur eine sichere und wirksame Behandlung vorenthalten, auch die gefälschten Mittel selbst könnten gefährlich sein, etwa wenn sie zu Arzneimittelresistenzen führen oder giftige Verbindungen enthalten.

Afrika und Asien besonders betroffen

Betroffen davon seien vor allem Länder mit niedrigen Einkommen und begrenzten Möglichkeiten, gefälschte Produkte vom Markt fernzuhalten. In einigen afrikanischen und asiatischen Staaten sei davon auszugehen, dass der Anteil von Fake-Medikamenten bei 20 bis 30 Prozent liege. Bei bestimmten Produkten in Südostasien, etwa Malariamedikamenten, könnten es sogar 30 bis 50 Prozent sein. Die Hälfte aller Berichte über minderwertige und gefälschte Medikamente, die bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingehen, würde aus Afrika südlich der Sahara stammen. 80 Prozent davon würden lebenswichtige Arzneimittel wie Malariamedikamente und Antibiotika betreffen.

Onlinehandel im Fokus

Doch auch in Europa und den USA habe das Problem besorgniserregende Ausmaße angenommen. "Jedes medizinische Produkt kann gefälscht oder auf minderwertige Art und Weise hergestellt werden, einschließlich innovativer Produkte und Generika, unabhängig von seinem Preis. Verkäufe über das Internet und auf dem freien Markt, die nationale Qualitätskontrollsysteme umgehen, verschärfen die Situation", warnen die Wissenschafter. In Europa könnten der IAP zufolge 50 Prozent der im Internet zum Verkauf angebotenen Produkte gefälscht sein.

Aus diesem Grund fordert die IAP, dass Regierungen, Regulierungsbehörden und die Industrie Lieferketten wirksam überwachen und regulieren. "Herstellung, Transport, Lagerung und Verkauf gefälschter und minderwertiger medizinischer Produkte sind Verbrechen. Wegen ihrer schwerwiegenden Folgen für die öffentliche und individuelle Gesundheit müssen diese so weit wie möglich verfolgt und bestraft werden", forderte Yves Juillet von der Nationalen Medizinischen Akademie Frankreichs. Die Öffentlichkeit müsse vor dem Risiko gewarnt werden, verschreibungspflichtige Medikamente über das Internet zu kaufen. Online sollten Medikamente nur über zertifizierte Internet-Apotheken erworben werden. (APA, red, 3.9.2020)