Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka auf dem Weg zur Sonderpräsidiale des Ibiza-U-Ausschusses.

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Der Schauplatz des Ibiza-Videos. Während etliche Medien aus dem Video zitieren, hatte der U-Ausschuss bislang nur Zugang zu einem massiv geschwärzten Transkript.

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Wien – Die Fraktionen haben nach der Sonderpräsidiale zum U-Ausschuss am Donnerstag einheitlich auf die vollumfängliche Vorlage des Ibiza-Videos gedrängt. "Es gibt den einheitlichen Wunsch, das gesamte Video zu bekommen", berichtete Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Anschluss. Die Option eines ergänzenden Beweisbeschlusses soll vorerst nicht gezogen werden.

Schließlich sei das Video bereits Gegenstand des grundsätzlichen Beweisbeschlusses, hieß es unisono. Und man erwarte, dass diesem nun nachgekommen werde. Sollte das nicht der Fall sein, wird auch der Gang zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) nicht ausgeschlossen.

Dass etliche Medien aus dem Video zitieren, der U-Ausschuss aber im Dunkeln tappt, sei ein "inakzeptabler Zustand", so Sobotka. Etwas deutlicher wurden die Oppositionsvertreter: "Ganz besondere Pflanzerei" (Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger) oder "kuriose Situation, die dem Parlamentarismus insgesamt schadet" (SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried).

Ministerien am Zug

Falls das Justizministerium nicht im Besitz des gesamten Videos ist, dann müsse eben das Innenministerium liefern. Das ist laut Nationalratspräsident Sobotka der einhellige Wunsch. Schließlich sei das Video dort transkribiert und veraktet worden. Falls das Ministerium eine andere Rechtsansicht habe, müsse der U-Ausschuss eine Nachfrist setzten und in letzter Konsequenz zum VfGH gehen.

Jedenfalls liege die Handlungsweise beim Ausschuss selbst und nicht beim Präsidenten, nahm sich Sobotka aus der Pflicht. Ihm fehle die Rechtsgrundlage. Das sehen SPÖ, FPÖ und Neos jedoch anders, die sich ein vehementeres Auftreten und mehr Initiative vom Nationalratspräsidenten in dieser Causa wünschen. Für die Grünen nahm Klubobfrau Sigrid Maurer an der Präsidiale teil. Ein Statement gab es von ihr danach aber nicht.

Hofer: "Etwas unangenehme Sitzung"

Stattdessen berichtete der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) von einer "etwas unangenehmen Sitzung", weil es zwischen den beiden Regierungsparteien unterschiedliche Ansichten darüber gebe, warum das Video noch nicht übermittelt wurde. Maurer etwa habe gemeint, dass das Justizministerium gar nicht über das gesamte Video verfüge, schilderte Hofer. Seiner Ansicht nach müsse daher nun das Innenministerium liefern, so Hofer, der hofft, dass nun mehr Bewegung in die Sache kommt.

In eine ähnliche Kerbe schlug SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried, der vor allem die ÖVP als Verhinderer tadelte. Die Türkisen würden alles daransetzen, den Ausschuss zu behindern. Neben dem ersehnten Video stieß sich der rote Vizeklubchef vor allem daran, dass immer noch Akten aus dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium fehlten. Das schadet dem Parlamentarismus insgesamt. Daher wünscht er sich mehr Vehemenz von Sobotka, diese habe bis dato aber gefehlt. Den grundsätzlichen Beweisbeschluss hält Leichtfried "momentan" für ausreichend. Auf Basis dessen müsste eines der beiden Ministerien liefern – nämlich jenes, wo das Video liegt, so Leichtfried.

"Die sollen sich ausmachen, wer das Video liefert", meinte dann auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Was derzeit geschehe, sei eine "reine Farce". Da gehe es nicht um das Hickhack zwischen den Parteien, sondern um nicht weniger als das Ansehen der Demokratie in Österreich. Es gebe einen Beweisantrag vom März, der ausreichend sei, so Meinl-Reisinger. Einen ergänzenden Beweisbeschluss brauche es daher vorerst nicht, "denn es wurde uns mehrfach zugesichert, dass das Video in vollem Umfang geliefert wird". Man behalte sich diesen Schritt aber vor, wie auch den Gang zum VfGH.

Innenministerium sieht sich für Video nicht zuständig

Das Innenministerium sieht sich für die Lieferung des gesamten Ibiza-Videos an den U-Ausschuss jedenfalls nicht zuständig. In einer knappen schriftlichen Stellungnahme meinte man am Donnerstag, dass vielmehr das Justizministerium am Zug sei.

Der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) liege das gesamte Videomaterial ungekürzt vor, zusätzlich auch noch ein mehr als 100 Seiten starker Auswertungsbericht des Videos, wurde in der Stellungnahme argumentiert: "Die Verfahrensordnung regelt daher klar die Zuständigkeit des Justizministeriums zur Vorlage des Videos." (APA, 3.9.2020)