Die Polizei in Portland erschoss am Donnerstagabend bei einem Festnahmeversuch jenen Mann, der am Wochenende einen Trump-Unterstützer getötet haben soll.

Foto: APA / AFP / Nathan Howard

Portland – Nach dem gewaltsamen Tod eines rechten Trump-Anhängers am Rande von Demonstrationen in der US-Stadt Portland ist ein Tatverdächtiger am Freitag von der Polizei getötet worden. Zahlreiche US-Medien zitierten einen Polizeibericht, demzufolge der 48-Jährige von einem Einsatzkommando in der Stadt Lacey im benachbarten Staat Washington erschossen worden sei.

Bei dem Mann soll es sich um einen Antifa-Anhänger handeln, gegen den wegen der Tötung eines Anhängers der rechten Gruppe "Patriot Prayer" in der Nacht zum Sonntag in Portland ermittelt worden sei. Am Donnerstag hatte das Portal "Vice News" ein Interview mit dem Mann veröffentlicht, in dem dieser andeutete, die tödlichen Schüsse in Portland abgefeuert zu haben. Er habe damit sich und einen Freund verteidigen wollen. "Ich hatte keine Wahl", sagte der 48-Jährige, der freilich für diese Behauptung keinen Beweis vorlegen konnte. An der Darstellung des mutmaßlichen Mörders als Helden durch "Vice" gab es auch deutliche Kritik.

VICE News

Die Polizei in Portland hatte daraufhin einen Haftbefehl gegen den Mann ausgestellt. Bei der versuchten Festnahme habe der Mann dem Polizeibericht zufolge eine Waffe gezogen, worauf er von den Beamten niedergeschossen worden und noch an der Stelle des Einsatzes gestorben sei.

In Portland gibt es so wie in zahlreichen anderen Städten der USA seit Wochen Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. In der linken Stadt hat sich allerdings eine Szene etabliert, die jeden Tag demonstriert und dabei auch öffentliche Gebäude belagert. Dabei kommt es auch immer wieder zu Flaschenwürfen gegen Polizisten und gelegentlichen Einsätzen von Molotowcocktails – die Polizei setzt ihrerseits Tränengas ein. US-Präsident Donald Trump präsentiert in den Medien ein Zerrbild dieser Proteste und warnt vor angeblicher Gesetzlosigkeit in den USA.

Gummigeschoße und Tote

Der am Samstag erschossene Trump-Anhänger habe laut Medienberichten eine Baseballkappe von "Patriot Prayer", einer ultrarechten Gruppe, getragen. Diese Gruppe und zahlreiche weitere Anhänger Trumps hatten am Wochenende dazu aufgerufen, Protestkundgebungen in der Stadt abzuhalten und dabei auch die Konfrontation mit den linken Demonstrierenden gesucht. Auf Bildern war zu sehen, wie die rechten Gruppen teils bewaffnet auf Pick-ups durch die Stadt fuhren. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Demonstrantengruppen, aber auch zwischen den Demonstrierenden und der Polizei. Nachgewiesen ist, dass Anhänger beider Seiten dabei unter anderem Gummigeschoße einsetzten.

Tage zuvor hatte es auch bei Demonstrationen in der Stadt Kenosha, Wisconsin, zwei Tote gegeben. Dort war ein 17-Jähriger Trump-Anhänger und selbsternannter Nachbarschaftswächter aus dem Nachbarbundesstaat Illinois bewaffnet zu den Protesten gefahren, die sich an den Polizeischüssen auf den Afroamerikaner Jacob Blake entzündet hatten. Der 17-Jährige gab vor, in Kenosha für die Sicherheit von Eigentum und Geschäften sorgen zu wollen. Nach Auseinandersetzungen am Rande der Ausschreitungen erschoss er zwei Demonstranten und verletzte mit seiner Waffe einen weiteren.

Law and Order

Trump versucht die seit Monaten anhaltenden Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA für seinen Wahlkampf zu nützen. Er präsentiert ein Bild das Chaos, das es vor allem in demokratisch regierten Städten gebe, und stellt sich selbst als harte Alternative dar. Seinem Konkurrenten Joe Biden wirft er vor, Gewalt bei den Protesten zu unterstützen. Biden selbst macht Trump hingegen dafür verantwortlich, das Chaos noch weiter anzuheizen, um so politischen Profit aus den Unruhen zu ziehen.

Die Strategie des Präsidenten scheint bisher nicht aufzugehen. Umfragen aus den vergangenen Tagen legen nahe, dass Wählerinnen und Wähler in den entscheidenden Swing-States mit teils deutlichen Abständen eher dem Satz "Unter einem Präsidenten Joe Biden werde ich mich sicherer fühlen" zustimmten als der gleichen Behauptung über Trump.

Auch haben die Proteste bisher kaum Auswirkungen auf das Rennen um die Präsidentschaft gehabt. Hatte Bidens Vorsprung in den vergangenen Tagen im Durchschnitt vieler Umfragen auf Ebene des ganzen Landes und von wichtigen Bundesstaaten etwas gelitten, so hatte eine neue Reihe von Befragungen am Donnerstag ihm wieder deutliche Vorsprünge bescheinigt. Laut der Analyse- und Umfrageseite fivethirtyeight.com liegt Biden im landesweiten Schnitt bei 50,2 Prozent der Stimmen, Trump bei 42,9 Prozent. Auch in fast allen wichtigen Swing-States liegt der Demokrat voran, sein Vorsprung dort ist allerdings meist um einige Prozentpunkte geringer. (mesc, APA, 4.9.2020)