Die "Therapiekapsel" sieht ein wenig so aus, als stamme sie aus der Requisitenkammer eines 70er-Jahre-Science-Fiction-Filmstudios. Doch unter der energetisierten Schwitzhütte im "Vadelayman Ali Human Balancing Center" in Gramatneusiedl dürfte es gewaltig brummen. Auf der Webseite des Centers steht: "Durch die grosse Leistungskapazität der von uns erstellten Therapieprogramme können alle Arten von Krebszellen in jedem Stadium gestoppt werden." Das Wunder der "bioelektromagnetischen Behandlung" von Krebszellen basiere unter anderem auf der "Herstellung einer allgemeinen Zellgleichheit" und dem darauffolgenden "Befehl zum Selbstmord der Zelle." 

Patent für eine wunderbare Kapsel

Die Befehlskette zum Krebszellenselbstmord samt der dazugehörigen Hardware wurde von Ali Alishahi entwickelt. Auf seiner Webseite präsentiert Alishahi eine Patentanmeldung aus dem Jahr 2000: "Energiewellenabschirmende Kapsel + Generator zur Erzeugung von Negativwellen, zur Bekämpfung verschiedener Krebsformen.

Ich gebe mich als wohlbestallter italienischer Senior aus Mailand aus, dessen Tochter an Darmkrebs erkrankt sei. Eine Anfrage an Alishahi mit diesen kargen Informationen wird prompt beantwortet. Eine Mitarbeiterin der "Tagesklinik" schreibt mir: "Herr Ali sieht durchaus in der von ihm entwickelten Therapiemethode eine Chance für die Behandlung Ihrer Tochter." Ich stelle mich dumm, bohre nach und frage, wie die Therapie denn aussehe. Die Antwort: "Die Therapie ist eine Art der Zelltherapie, die durch den Krebs entarteten Zellen und deren unkontrollierte Teilungsrate wird gestoppt und wieder in normale Bahnen gelenkt." Bestrahlung finde kein statt, da könne man mich beruhigen. 

Jede Art von Krebs will die "Tagesklinik" besiegen können.
Foto: Getty Images/andresr

25.000 Euro für 180 Minuten in der Therapiekapsel 

Man empfiehlt eine Therapie über sechs Tage hinweg: jeweils 30 Minuten pro Tag. Die Kosten für die Krebszellenselbstmord-Heilwoche des Heilkundigen: 25.000 Euro. Immerhin verspricht die "Art Tagesklinik" (Eigendefinition): "Die Therapie ist schmerzfrei und frei von Nebenwirkungen." Man bittet um Verständnis dafür, dass die Kosten von keiner Krankenkasse übernommen werden. Das würde uns auch wundern, denn weder Alishahi noch ein im Impressum der Seite angeführter Dr. Valiollah Alishahi ist in Österreich als Arzt zugelassen. Das bestätigt auch die Ärztekammer. Und dennoch kann unser Laienarzt-Zentrum auf Fallzahlen verweisen, auf die manche Uniklinik stolz wäre. In einer Art Imagevideo kleckert Alishahi nicht: Zumindest 7.000 Krebspatienten habe er schon behandelt. Eine Anfrage nach Studien, die den Heilerfolg belegen könnten und ob Ärzte im selbsternannten Zell-Zentrum tätig sind, bleibt trotz mehrmaliger Nachfrage unbeantwortet. 

VADELAYMAN

Alishahi rückt mit seiner Methode nicht nur Tumoren auf den Pelz, auf seiner Webseite präsentiert er Anfragen zu allerlei Leiden und seine Antworten: Arthrose, Dystonie, Alzheimer, Parkinson, Diabetes, Multiple Sklerose - in all diesen Fällen gibt er den Kranken oder ihren Angehörigen zu verstehen, dass es bei ihm und in seinem Zentrum gute Chancen auf Heilung gebe. Einzig bei der Anfrage zur Heilung einer Querschnittslähmung antwortet Alishahi: Leider, in dem Fall könne er nicht helfen.  

Verzweifelte Eltern bezahlen teuer für Heilversprechen

Echte Ärzte aus der Region sind nicht gut auf Alishahi zu sprechen. Eine Kinderärztin in einem öffentlichen Krankenhaus in Niederösterreich (Name der Redaktion bekannt) erinnert sich an zwei Fälle, in denen sie mit dem Angebot Alishahis konfrontiert worden war. In beiden Fällen handelte es sich um tragische Fälle schwer erkrankter Kinder. In beiden Fällen musste die Ärztin die Eltern mit der Tatsache konfrontieren, dass es für die Kinder - von palliativen Maßnahmen abgesehen - keine Möglichkeiten der Heilung mehr gebe. Bei Alishahi indes gab man den Eltern zu verstehen, dass es für die Kinder noch Chancen auf Heilung gebe. 

Die Ärztin erinnert sich an die Schilderungen der Eltern: "Das Kind wird alleine in einem unterirdischen Tunnel in eine Art Energiefeld gelegt, wobei dabei in Mund und Enddarm ein Metallstück gesteckt wird.“ Der Strohhalm, den die Eltern ergriffen, kostete keine Kleinigkeit. In einem Fall haben die Eltern erzählt, 10.000 Euro für die "Therapie" bezahlt zu haben. Ein gutes Auge für Kunden mit der richtigen Einstellung scheint Alishahi zu haben. Im Fall eines Kindes mit einem Lungenkarzinom hätten die Eltern zwar den Versprechen Alishahis Glauben geschenkt, symptomlindernde Therapien im Krankenhaus aber abgelehnt: "Das Kind hat viel Blut gehustet, ein hustenstillendes Medikamente haben die Eltern verweigert, weil es nicht homöopathisch ist." Das Fazit der Ärztin zu den "Behandlungen" bei Alishahi: "Die letzten Wochen dieser beiden Kinder hätten schöner verlaufen können und sollen." (Christian Kreil, 17.9.2020)

Hinweis: Die Stiftung Gurutest sucht für das Buchprojekt "Fauler Zauber" (Arbeitstitel) Fallbeispiele für "alternativmedizinische" Fehlbehandlungen und zu deren Folgen: Fälle, in denen echte Therapien verzögert oder verweigert wurden zu Gunsten von Humbug und Scharlatanerie. Selbstverständlich können sich sowohl Informanten als auch Opfer auf 100-prozentige Diskretion verlassen. Kontakt unter: gurutest@klartext-kreil.at

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