Sebastian Kurz möchte den Österreichern heimische Lebensmittel schmackhafter machen. Das brächte nach seiner Ansicht gleich zwei Vorteile: mehr Absatz für die Landwirte und einen Ökologisierungsschub, werden doch Nahrungsmittel ebenso wie andere Güter dank internationaler Arbeitsteilung oft um den Globus und retour gekarrt. Was er offenlässt, sind Maßnahmen zu und die Folgen einer stärkeren Zuwendung auf die regionale Produktion.

Auch negative Auswirkungen einer auf mehr Autarkie ausgerichteten Wirtschaft sollten nicht verschwiegen werden. Die Lieferung von Agrarprodukten aus dem grenznahen Ungarn nach Wien beispielsweise ist in der Regel ökologischer als die aus dem Westen Österreichs.

Sebastian Kurz möchte den Österreichern heimische Lebensmittel schmackhafter machen.
Foto: APA/HANS PUNZ

Noch ein Aspekt stimmt nachdenklich: Während der heimische Wohlstand zu 50 Prozent auf Ausfuhren fußt, schlägt die Regierung zusehends nationalistische Töne an. Wer sowohl im Handel als auch bei Beteiligungen an Unternehmen auf Abschottung setzt, gefährdet den Erfolg der Exportnation.

Schattenseiten der Globalisierung

Dennoch darf laut über Regionalisierung nachgedacht werden, denn die Globalisierung hat trotz ihrer vielen Segnungen auch Schattenseiten. Wenn Kartoffeln zum Waschen, Schälen und Verpacken mehrmals quer durch Europa geschickt, Krabben aus der Nordsee in Marokko geschält und Rinder zum Schlachten in den Libanon gekarrt werden, stimmt etwas nicht.

Diese Fehlentwicklungen sind den viel zu niedrigen Transportkosten geschuldet. Das sollte sich rasch ändern, auch weil der Frachtverkehr ein Treiber des Klimawandels ist. Zweckmäßige Instrumente wären eine internationale CO2-Steuer oder ein Klimazoll bei der Einfuhr von Waren. Die Umsetzung derartiger Ideen erfordert freilich viel Knochenarbeit, von der in Österreich nicht viel zu sehen ist. Sie wäre wichtiger als das oberflächliche Gerede von der Selbstversorgung. (Andreas Schnauder, 5.9.2020)