Peter Hanke will Wiener Unternehmen sieben Jahre Zeit verschaffen, sich von der Krise zu erholen. Danach läuft die kommunale Beteiligung aus.

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"Ich bin da sehr stolz", sagt Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Die Bundeshauptstadt tue viel zur Bewältigung der Wirtschaftskrise. Jeder Euro sei gut investiert, man wolle eine Corona-Generation verhindern. "Stolz auf Wien" ist auch der Name einer neuen Beteiligungsgesellschaft. Mit Unterstützung von Banken stehen 60 Millionen Euro bereit, um eine kommunale Beteiligung an Wiener Firmen anzugehen. Wer gefördert wird, verrät Hanke noch nicht, ruft Betriebe aber auf, sich weiter zu melden.

STANDARD: Die Hälfte aller Gastrogutscheine wurde bereits eingelöst. Wo haben Sie gespeist?

Hanke: Mein Junior hat den Gutschein in einer kleinen Gastwirtschaft im 21. Bezirk eingelöst. Es hat ihm gefallen.

STANDARD: Es gab auch Kritik daran, genauso an den Taxigutscheinen, weil die Wien-Wahl bevorsteht. Die Neos werfen Ihnen Jörg-Haider-Mentalität vor. Können Sie das nachvollziehen?

Hanke: Nein. Ich treffe viele Gastronomen, die mir berichten, wie großartig diese schnell ausbezahlte Unterstützung im operativen Geschäft und im Wiederaufbau ist. Sie erzählen mir, wie glücklich der Gutschein viele Gäste macht.

STANDARD: Die Aktion im Gesamtwert von 40 Millionen Euro ist ein Teil des Corona-Pakets, das die Stadt Wien geschnürt hat. Sie haben angekündigt, eine "Stolz auf Wien"-Beteiligungs-GmbH zu gründen und Unternehmen zu fördern. Welche Firmen sind dabei?

Hanke: Wir sind kurz davor, das zu präsentieren. Wir sind hier Vorreiter, daher war viel Vorarbeit notwendig. Wir haben etwas geschaffen, das es als Instrument noch nie gegeben hat. Wir wollten Investoren mitnehmen, das ist gelungen. Wir haben ein breites Bankenkonsortium und die Wirtschaftskammer Wien mit an Bord.

STANDARD: Wie setzt sich die Beteiligung genau zusammen?

Hanke: 80 Prozent kommen von der Wien Holding, 20 Prozent von der Wirtschaftskammer Wien. Die Stadt stellt 20 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung, die Wirtschaftskammer Wien fünf Millionen Euro. Die Banken kommen additiv dazu. Wir gehen davon aus, dass am Ende 60 Millionen Euro für das Instrument zur Verfügung stehen.

STANDARD: Nach sieben Jahren läuft die Beteiligung aus. Was für ein Resümee der betroffenen Firmen erwarten Sie sich nach dieser Zeit?

Hanke: Die Anteile werden wieder rücküberstellt, sodass jeder sicher sein kann, dass es eine saubere Loslösung von der kommunalen Unterstützung gibt. Man hat sieben Jahre Zeit, die Folgen der Pandemie wieder gutzumachen. Die Initiative ist dafür gedacht, dass es nicht nur leichter sein soll, die Krise zu bewältigen, sondern dann auch in die Expansionsphase zu kommen.

STANDARD: Welche Branchen melden sich?

Hanke: Es ist ein breiter Mix an Unternehmen: Restaurants, Hotellerie, Eventgastronomie. Auch der Handel ist vertreten.

STANDARD: Wie viele Unternehmen werden in den Fonds aufgenommen?

Hanke: Das ist ein laufender Prozess. Es wird möglich sein, bis Ende 2021 anzusuchen, um auch jene, die im Herbst oder Frühjahr in Probleme geraten, mitaufzunehmen.

STANDARD: Die Arbeitslosigkeit steigt, in Wien sind rund 150.000 Menschen betroffen. Was halten Sie von einer Arbeitszeitverkürzung, wie sie die Bundes-SPÖ vorschlägt?

Hanke: Jetzt ist es einmal wichtig, die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen. Sicherlich muss auch die Frage der Arbeitszeitverkürzung intensiv diskutiert werden. Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent ist eine legitime und wichtige Forderung.

STANDARD: Die Grünen fordern die 35-Stunden-Arbeitswoche für Mitarbeiter der Stadt Wien. Ist das etwas, was man im Herbst angehen sollte?

Hanke: Man muss die Finanzierung im Kopf haben, und verantwortliche Politik bedeutet, dass wir nur machbare Schritte umsetzen.

STANDARD: Also kein Thema?

Hanke: Kurzfristig ist es im Budget nicht darstellbar.

STANDARD: Apropos Grüne: Über den Gürtelpool sagten Sie: "Ich werde das Vergnügen jedenfalls auslassen." Können Sie die Kritik an dem 160.000-Euro-Projekt nachvollziehen?

Hanke: Man hat sich auf eine gewisse Laufzeit geeinigt, die am Sonntag abgelaufen ist. Man sollte in Zeiten von Covid die Probleme nicht aus dem Auge verlieren. Die liegen woanders.

STANDARD: Soll die Stadt Wien den Pool kaufen, wie Vizebürgermeisterin Hebein vorschlägt?

Hanke: Es ist nicht mein Thema, das zu entscheiden.

STANDARD: Sie sind Finanzstadtrat, Sie verwalten das Budget.

Hanke: Die Budgetpläne müssen aber halten.

STANDARD: Im Gemeinderat haben Sie für die Aufnahme von Flüchtlingskindern gestimmt, gemeinsam mit Grünen und Neos. Die ÖVP argumentiert, man sei immer noch mit den Auswirkungen von 2015 beschäftigt. Stimmt das?

Hanke: Ich sehe das nicht so. Wir haben das gut verkraftet. Ich halte es für einen wichtigen humanitären Akt, dass man in Not geratenen Kindern in Europa ein Zuhause gibt. Ich stehe hinter dieser Forderung und halte die Aufnahme von Flüchtlingskindern für ein wichtiges Projekt für die Identität Europas.

STANDARD: Die ÖVP wird laut Wahlumfragen am 11. Oktober deutlich dazugewinnen. Macht sie das als Koalitionspartner realistischer?

Hanke: Es gilt immer, den Wahltag abzuwarten. Die ÖVP ist ein möglicher Koalitionspartner, Rot-Grün hat aber in den letzten zehn Jahren gut gewirtschaftet und hat gezeigt, dass es eine Vielzahl an Projekten gut gemeistert hat.

STANDARD: Was geht mit der ÖVP einfacher?

Hanke: Es ist keine Überraschung, dass das Thema Wirtschaft in der ÖVP stark besetzt ist und da starke Organisationseinheiten vorhanden sind. Auf der anderen Seite gibt es den Klimaschutz, wo die Grünen ein großes Interesse haben, sich einzubringen. Jede Partei hat Leitprojekte. Wir werden abwägen, welches der Modelle für Wien in den nächsten Jahren, für die wir planen, dann das wichtigere ist.

STANDARD: Ihre Präferenz?

Hanke: Ich habe momentan keine Präferenz. Ich möchte das Ergebnis abwarten und anhand der Gespräche, die nach der Wahl stattfinden, eine Entscheidung treffen. Es braucht die besten Köpfe. (Rosa Winkler-Hermaden, 5.9.2020)