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Novak Djokovic wollte im Fall Adrian Mannarino vermitteln und versuchte den Gouverneur zu erreichen.

Foto: AP/ Frank Franklin II

New York – Eigentlich wollte sich Novak Djokovic voll auf sein Match gegen den Deutschen Jan-Lennard Struff fokussieren, doch das Corona-Chaos in der New Yorker Tennis-Blase schreckte den Superstar auf. Auch er hatte mitbekommen, dass die Behörden den Franzosen Adrian Mannarino nicht zu seiner Drittrunden-Partie gegen den Deutschen Alexander Zverev antreten lassen wollten. Es musste gehandelt werden – also Griff Djokovic zum Telefon.

"Ich wollte über einige Kontakte den Gouverneur von New York erreichen", erzählte der Weltranglistenerste nach seinem ungefährdeten Achtelfinaleinzug gegen Struff. Bis zu Andrew Cuomo drang Djokovic mit seinem Gnadengesuch zwar nicht vor – doch es zeigt, wie ernst die Lage bei den US Open ist.

Hektische Verhandlungen

Schaden genommen hat das Turnier durch das Chaos am Freitag allemal, auch wenn Mannarino nach langem "Hin und Her", wie Zverev es nannte, mit rund dreistündiger Verspätung dann doch noch zum Match antreten durfte. Nur durch hektische Verhandlungen mit den Gesundheitsbehörden hatte der US-Tennisverband USTA verhindern können, dass das Grand-Slam-Turnier aufgrund der intransparenten und inkonsequenten Sicherheitsmaßnahmen zur Farce verkommt.

Mannarino gehört zu einer Gruppe von bis zu elf Profis, die engen Kontakt mit dem vor Turnierstart positiv auf das Coronavirus getesteten Franzosen Benoit Paire hatten und sich in eine Sonder-Quarantäne begeben mussten. Allerdings, so betonte Mannarino, sei den betroffenen Spielern noch am Sonntag versichert worden, dass sie ihre Hotelzimmer für Trainings und Matches verlassen dürfen. Bis es sich die politischen Entscheidungsträger fünf Tage später dann doch anders überlegten.

"Ich wusste nicht, dass sich die Situation so verändern könnte", sagte der verwunderte Mannarino. Erst wenige Stunden vor dem geplanten Beginn der Partie habe er erfahren, "dass wir bis zum Rest der Quarantäne nur noch in unserem Zimmer sein dürfen". Und ausgestanden ist die Geschichte für den 32-Jährigen trotz seines Ausscheidens gegen Zverev noch lange nicht. Er dürfe New York erst am kommenden Freitag verlassen, berichtete Mannarino. Sein Coach müsse sogar noch einen Tag länger in seinem Hotelzimmer verharren.

"Um seine Freiheit gespielt"

Im Match gegen die deutsche Nummer eins ging es für Mannarino deshalb um mehr als nur das Achtelfinale. "Das war das letzte Mal, dass er sein Hotelzimmer verlassen durfte für eine lange Zeit", sagte Zverev: "Er hat auf eine Art auch um seine Freiheit gespielt."

Nach der heftigen Kritik der Belgierin Kirsten Flipkens und der Französin Kristina Mladenovic ("ein Albtraum"), die als Kontaktpersonen Paires ebenfalls erst gegen Ende der kommenden Woche aus den USA ausreisen dürfen, warf der Fall Mannarino weitere Fragen auf. "Warum durfte er jetzt nicht spielen? Die erste und die zweite Runde hat er ja auch gespielt, und da wusste man ja auch schon, dass Paire positiv ist", sagte Zverev, auch Struff fand dies "schon komisch".

Djokovic ging sogar noch weiter. Es sei nicht auszuschließen, meinte der 17-malige Major-Sieger, dass es bei Paire ein fehlerhaftes Testergebnis gegeben haben könnte. "Das muss angesprochen werden", sagte Djokovic. Paire hatte bei Instagram bekannt gegeben, zwei Tage nach der positiven Probe wieder negativ getestet worden zu sein – so wie mehrmals nach seiner Ankunft in New York auch schon.

Und darüber hinaus kritisierte Djokovic, dass in der Vorwoche beim Vorbereitungsturnier an gleicher Stelle der Argentinier Guido Pella und der Bolivianer Hugo Dellien als Kontaktpersonen ihres positiv getesteten Fitnesstrainers noch aus dem Turnier ausgeschlossen worden waren. "Viel Inkonsequenz", meinte der Serbe.

Topgesetztes Damen-Doppel ausgeschlossen

Am Samstagabend wurde das als Nummer eins gesetzte Damen-Doppel Kristina Mladenovic/Timea Babos wegen des Kontakts von Mladenovic zu dem mit dem Coronavirus infizierten Paire vom weiteren Turnierverlauf ausgeschlossen. Mladenovic muss in ihrem Hotelzimmer in Quarantäne bleiben.

Der amerikanische Tennisverband USTA verwies in seiner Mitteilung auf die Regelungen der Gesundheitsbehörden von Nassau County im Bundesstaat New York, wo die meisten Spielerinnen und Spieler wohnen. Mladenovic zähle demnach zu den Personen, die längeren Kontakt zu dem positiv auf Covid-19 getesteten Spieler hatten, hieß es in der USTA-Erklärung.

Mladenovic musste in Quarantäne, weshalb das Doppel mit Babos disqualifiziert wurde. Warum Mladenovic ausgeschlossen wurde, der ebenfalls als Kontaktperson identifizierte Mannarino aber am Vortag nach langen Diskussionen doch zu seinem Drittrundenspiel gegen Zverev antreten durfte, blieb zunächst unklar. Mladenovic hatte erst vor wenigen Tagen die Veranstalter des Grand-Slam-Turniers scharf kritisiert.

"Das ist ein Alptraum, den wir hier erleben. Ich habe nur den Wunsch, meine Freiheit wiederzubekommen", sagte die Weltranglisten-44. "Ich möchte so viele Dinge sagen, die uns hier passiert sind. Es ist absolut abscheulich, wie sie uns behandelt haben." Sie habe den Eindruck, "dass wir Gefangene, Kriminelle sind", sagte die 27-Jährige. "Wir sind machtlos und leiden nur."

US Open Tennis Championships

Tsitsipas vergeigt sechs Matchbälle

Ein Mitfavorit auf den Titel ist indes gescheitert. Stefanos Tsitsipas hat einen sicher geglaubten Sieg noch aus der Hand gegeben und das Achtelfinale verpasst. Der an Position vier gesetzte Grieche war gegen den Kroaten Borna Coric (Nr. 27) im vierten Satz beim Stand von 5:1 nur ein Spiel vom Sieg entfernt, musste nach sechs ungenutzten Matchbällen aber in den Entscheidungssatz. Dort behielt Coric die Oberhand, er siegte nach 4:36 Stunden mit 6:7 (2:7), 6:4, 4:6, 7:5, 7:6 (7:4).

Coric machte nach zwei Rebreaks im vierten auch im fünften ein Break wett und verwertete am Ende seinen zweiten Matchball. "Ich muss ehrlich sein und sagen, dass ich richtig viel Glück hatte", so der als Nummer 27 gesetzte Coric.

Tsitsipas war bis zur klaren Führung im vierten Satz der tonangebende Spieler, hatte danach allerdings einen Einbruch. "Das ist möglicherweise das traurigste und komischste was in meiner Karriere je passiert ist", verlautete der 22-jährige ATP-Finals-Sieger von 2019 via Twitter. Anstatt der Nummer sechs der Welt tritt nun Coric gegen den Australier Jordan Thompson an. Dabei kämpft der Kroate um die erstmalige Teilnahme an einem Grand-Slam-Viertelfinale.

Medwedew im Achtelfinale

Vorjahresfinalist Daniil Medwedew hat indes problemlos das Achtelfinale erreicht. Der als Nummer drei gesetzte Russe setzte sich gegen den 21-jährigen US-Amerikaner J.J. Wolf mit 6:3, 6:3, 6:2 durch. Medwedew benötigte nur 1:48 Stunden für seinen Erfolg.

Der 24-Jährige trifft nun am Montag auf den Gewinner des Duells zwischen dem US-Amerikaner Frances Tiafoe und Marton Fucsovics aus Ungarn. Im vergangenen Jahr hatte Medwedew in einem spektakulären Finale in fünf Sätzen gegen den Spanier Rafael Nadal verloren. (sid, APA, red, 5.9.2020)