In Österreich klingt es so, als müsse man das Rad erst neu erfinden. Tatsächlich ist ein Pfand auf Einwegflaschen weder neu, noch scheuten andere Länder in der Vergangenheit davor zurück: Wer in Deutschland eine Flasche Mineralwasser oder ein Dosenbier kauft, zahlt seit Jahren 25 Cent Pfand obendrauf. Ähnliche Systeme gibt es in vielen anderen Staaten in Europa auch. Nur eben in Österreich nicht.

Dabei sind entsprechende Bemühungen sogar koalitionsübergreifend gegeben: Bereits Elisabeth Köstinger (ÖVP) setzte sich – damals noch als Umweltministerin – auf EU-Ebene für ein Aus von Einwegplastik ein und gab eine Pfandstudie in Auftrag. Das Ergebnis: Um getrennte Sammelquoten von 90 Prozent zu erreichen, wäre ein Pfandsystem auf Einwegflaschen die kostengünstigste Variante. ÖVP-nahe Wirtschaftsverbände laufen dagegen allerdings Sturm – bisher mit Erfolg.

Mit einem mehrstufigen Plan kann das Müllproblem wohl tatsächlich eingeschränkt werden.
Foto: imago/Ardea

Die Beauftragung der Studie ist bereits lange her, und auch die Präsentation der Ergebnisse liegt mehr als ein halbes Jahr zurück. Pfand gibt es aber nach wie vor keines. Am Montag lud Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ihrerseits ins Ministerium, um weitere Pläne zu präsentieren. Die im Vorfeld erwartete Ankündigung zur Umsetzung eines Pfandsystems blieb aus, stattdessen wurden weitere Vorhaben ohne konkrete Zeitpläne vorgestellt. So will die Ministerin einen Drei-Punkte-Plan umsetzen: Eine Herstellerabgabe, ein Einwegpfand und eine Mehrwegquote sollen Plastikberge reduzieren.

Bewusstsein schaffen

Die Ideen sind im Grunde die richtigen: Mit einem mehrstufigen Plan kann das Müllproblem wohl tatsächlich eingeschränkt werden: Ein Einwegpfand schafft Bewusstsein bei der Bevölkerung; eine Mehrwegquote verpflichtet den Handel, und eine Herstellerabgabe nimmt Produzenten in die Pflicht. Alles gut und schön also? Ja, könnte man meinen. Doch jetzt muss der der Ball endlich ins Rollen kommen.

Eine weitere Verzögerung ist nicht nur aus Umweltperspektive verwerflich, sondern auch aus Sicht des Steuerzahlers: Geht es nach den Plänen von ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, soll die Plastiksteuer, die die EU ab 2021 auf nicht recycelte Kunststoffverpackungen einhebt, aus dem laufenden Budget bezahlt werden. Gewessler hat recht, wenn sie sagt, dass dann nicht nur Lenkungseffekte fehlen, sondern auch 180 Millionen Euro im Jahr, die anderswo eingesetzt werden könnten. Umso unverständlicher ist es, warum die grüne Politikerin ihren Worten nicht gleich Taten folgen lässt und nach wie vor kein Gesetzestext auf dem Tisch liegt.

Wirtschaftsbund und Kammer argumentieren, dass die Anschaffung der notwendigen Infrastruktur zu teuer sei, ein Einwegpfand würde Greißlern endgültig das Genick brechen. In Deutschland wurden für kleinere Geschäfte schlicht Ausnahmeregelungen geschaffen: Sie müssen nur Leergut jener Marken und Materialien zurücknehmen, die sie selbst im Sortiment führen. Das wäre auch in Österreich umsetzbar.

Ein neues System wird mit Verhaltensveränderungen einhergehen müssen – und natürlich auch mit Kosten. Diese gibt es bereits jetzt, bisher trägt sie aber die Umwelt.

Österreich darf in Sachen Pfandsystem also durchaus mit der Zeit gehen. Wichtig ist vor allem, dass endlich etwas umgesetzt wird und nicht ein nächster Plan in der Tonne landet.(Nora Laufer, 7.9.2020)