Will gleich in der ersten Nationalratssitzung nach der Sommerpause einen neuen Kontrollausschuss-Anlauf starten: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

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Der Kanzler sagte es so dahin, als wäre es nichts Besonderes. Knapp die Hälfte der 50 Milliarden Euro an Corona-Hilfsgeldern habe die Regierung bereits ausgegeben, erklärte Sebastian Kurz (ÖVP) im ORF-Sommergespräch vergangene Woche. Es sei noch genug Geld zur Krisenbewältigung vorhanden. So unfassbar diese Zahlen erscheinen, so wenig lassen sich die Zahlungsströme im Detail nachvollziehen. Geläufig sind gerade noch die Namen der Töpfe, aus denen das Geld kommt. Am Ende des Tunnels bleibt es aber dunkel.

Die Opposition drängt seit April auf einen Corona-Kontrollausschuss im Parlament, um die milliardenschweren Hilfsgelder kontrollieren zu können. Nun versucht sie einen neuen Anlauf. Die SPÖ verlangt den Beschluss eines medienöffentlichen Ausschusses für die Corona-Hilfen gleich bei der ersten Nationalratssitzung nach der Sommerpause am 23. September. "Die Steuerzahler haben das Recht zu wissen, ob die 50 Milliarden Corona-Hilfsgelder bei denen ankommen, die sie brauchen", sagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dem STANDARD. Sie fordert auch einmal mehr Gerechtigkeit bei der Vergabe der Staatshilfen: "Es ist nicht gerecht, dass Firmen, die Staatshilfe in Anspruch nehmen, Manager-Boni auszahlen. Wer Staatshilfen erhält, darf keine Boni oder Dividenden zahlen, keine Steuervermeidung betreiben, und muss Arbeitsplätze sichern."

"Irgendwo hakt es da"

Vor dem Sommer schien sich eine Einigung der fünf Nationalratsparteien abzuzeichnen. Doch die türkis-grüne Regierung, die sich Transparenz an ihre Fahnen heftet, lehnte doch ab. ÖVP und Grüne wollten, dass die Opposition im Gegenzug auch den Beirat der Corona-Finanzierungsagentur (Cofag) beschickt. SPÖ, FPÖ und Neos verweigerten das, weil sie Ausschuss und Beirat getrennt sehen. Die Opposition will einen Ausschuss für die gesamten 50 Milliarden Euro. Den Beirat will sie nicht unterstützen, weil sie sich dann selbst kontrollieren und die Cofag gegen oppositionelle Kritik immunisieren würde, so die Befürchtung. Ein Nein dort habe auch nur eine aufschiebende Wirkung, und Ungereimtheiten dürften durch die Verschwiegenheitspflicht nicht kommuniziert werden. Die Cofag verwaltet mit dem Corona-Hilfsfonds und Fixkostenzuschüssen knapp die Hälfte der Hilfsgelder.

Für die Grünen sind die Verhandlungen nicht gescheitert. Die ÖVP besteht weiterhin darauf, dass der Beirat beschickt wird. Die Opposition will die Regierung beim Wort nehmen. Sowohl Kurz als auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigten an, das Parlament stärker einbinden zu wollen – dies vorerst aber nur bei den vielkritisierten Corona-Verordnungen.

Die Neos halten die Kontrolle für wichtig, um auch nachvollziehen zu können, warum Geld nicht fließt. Der Abgeordneten Karin Doppelbauer ist bei der Durchsicht des jüngsten Monatserfolgs des Finanzministeriums aufgefallen, dass den Ressorts bis Ende Juli rund 9,5 Milliarden Euro aus dem Krisenbewältigungsfonds überwiesen wurden. Ausgezahlt wurde mit 1,4 Milliarden Euro aber nur ein Bruchteil davon. "Irgendwo hakt es da", sagt Doppelbauer. Das Geld könnte aus ihrer Sicht in der Bürokratie feststecken. (Jan Michael Marchart, 8.9.2020)