Die Corona-Pandemie erwischte die meisten Bildungssysteme ziemlich unvorbereitet, vor allem das Distanzlernen auf digitaler Basis überforderte viele.

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Wien – Auf einen Blick sehen können, wo ein Land – besonders interessant natürlich immer: das eigene – mit seinem Bildungssystem steht: Das leistet die OECD-Studie "Education at a Glance" (EAG), mit der die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung jährlich die wichtigsten Indikatoren vieler nationaler Bildungssysteme einer vergleichenden Bestandsaufnahme unterzieht. Nun wurde die diesjährige Ausgabe veröffentlicht – mitten in der Corona-Pandemie.

Auf sie nimmt OECD-Generalsekretär Angel Gurría in seinem Editorial natürlich Bezug, indem er schreibt, dass die Ausbreitung der Pandemie "die ganze Welt erschüttert" und nicht nur zu einer Gesundheits-, sondern auch zu einer Wirtschaftskrise von enormen Ausmaßen geführt habe: "Auch der Bildungsbereich ist nicht verschont geblieben."

Wie also haben sich die 46 untersuchten Länder in der bisherigen Phase der Corona-Pandemie geschlagen? Wie haben sie ihre Bildungssysteme durch die virusbedingte Krise gelotst? Was sind die Hauptbotschaften für etwaige Lehren, die die österreichische Bildungspolitik aus der neuen OECD-Studie ziehen kann?

46 Bildungssysteme auf einen Blick

Von den im neuen EAG analysierten 38 OECD-Staaten sowie acht Partnerländern (darunter Brasilien, Südafrika, Russland und China) war China das erste Land, das als Reaktion auf die von dort aus ausgebrochene Pandemie Schulschließungen veranlasst hat – in einigen Teilen des Landes bereits am 16. Februar, eine Woche später im ganzen Land. Ende März gab es aber schon in allen 46 berücksichtigten Ländern in einem gewissen Maße Schulschließungen: in 41 landesweit, in fünf Ländern auf subnationaler oder lokaler Ebene (Australien, Island, Russische Föderation, Schweden und Vereinigte Staaten).

Nicht alle von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern haben übrigens alle Schulen geschlossen, Island etwa ließ Primarschulen bei weniger als 20 Schülerinnen und Schülern pro Klasse geöffnet. In Schweden blieben die meisten Schulen im Primar- und Sekundarbereich I (Unterstufe) geöffnet, wohingegen die zum Sekundarbereich II (Oberstufe) gehörenden Schulen ab Mitte März größtenteils auf Fernunterricht umschwenkten.

Schulverlust zwischen sieben und mehr als 19 Wochen

Die Dauer der Corona-bedingten Schulschließungen reichte mit Ende Juni von mindestens sieben Wochen (vier Prozent der Länder) über acht bis zwölf Wochen (13 Prozent) bzw. zwölf bis 16 Wochen (52 Prozent) bis hin zu 16 bis 18 Wochen (28 Prozent) und dem Spitzenreiter China, wo die Schulen mehr als 19 Wochen geschlossen waren.

Einschränkend schreiben die OECD-Autorinnen und -Autoren: "Die tatsächlichen Auswirkungen können jedoch weniger gravierend sein, da einige dieser Zeiträume geplante Schulferien umfassten." Das gilt auch für Österreich, wo zum Beispiel die Osterferien in die erste Phase der Pandemie fielen. Und in anderen Ländern gibt es zum Beispiel Frühlingsferien, in Japan etwa zwei Wochen.

Allerdings gab es auch Länder, die sich vom Virus die Länge der Schulzeitverkürzung nicht völlig diktieren lassen wollten. Sie haben ihre Schuljahre kurzerhand reorganisiert, um die Auswirkungen auf die Anzahl der Unterrichtswochen zu minimieren. In Teilen Australiens sowie in Chile hat man die Winterferien einfach vorverlegt. In der Südkorea begann das Schuljahr einen Monat früher, weil man dort die Sommerferien verkürzt hat, und in Litauen wurden in den letzten zwei Märzwochen "zweiwöchige Zwangsschulferien angeordnet", schreibt die OECD.

Lernen während des Lockdowns

Während des Homeschoolings setzten die Länder auf ganz unterschiedliche Unterrichtsressourcen – von den konventionellen wie Lehrbüchern, Arbeitsblättern und Ausdrucken über Unterricht via Internet bis hin zu Unterricht per Radio oder Bildungsfernsehen. Laut "Education at a Glance" waren in den OECD- und Partnerländern "Onlineplattformen das beliebteste während der Schulschließungen eingesetzte Instrument". Hier reichte die Palette wieder von Lernprogrammen, die die Schüler in ihrem eigenen Tempo nutzen konnten, bis hin zu Echtzeitunterricht über Videokonferenzplattformen.

Estland hat demnach mit privaten Dienstleistern zusammengearbeitet, "um den Schülern während der Schulschließungen eine Fülle von Bildungsinhalten kostenlos zur Verfügung zu stellen". In Griechenland wurde virtueller Echtzeitunterricht mit Lehrern in Verbindung mit anderen Online-Lernwerkzeugen durchgeführt.

Unterricht via Fernsehkanal oder Telefonservice

Wieder andere OECD-Länder haben auf Fernsehsendungen mit Bildungsinhalt gesetzt, "um das Lernen der Schüler fortzusetzen". Zumal, so heißt es im Bericht, Fernsehsendungen "außerdem eine alternative Möglichkeit, Schüler zu erreichen, die nicht über adäquate Ressourcen für Onlineunterricht verfügen", seien. In Spanien haben zwei Kanäle täglich während eines einstündigen Zeitfensters eines der fünf Fächer Spanisch, Mathematik, Sozialkunde, Naturwissenschaften sowie Kunst und/oder Sport abgedeckt.

Luxemburg hat ein neues Unterstützungssystem für Schüler und Eltern aufgesetzt, in Mexiko wurde das Telefonservice "Dein Lehrer online" freigeschaltet, wo Kinder Unterstützung beim Lernen finden konnten. "In der Mehrzahl der OECD- und Partnerländer wurden diese Maßnahmen mit aktiver Beteiligung einzelner Schulen von der Regierung durchgeführt." In Estland, Finnland, Japan und den Niederlanden hatten die einzelnen Schulen jedoch eine größere Autonomie bei der Organisation dieser alternativen Bildungsformen, heißt es in der neuen OECD-Studie.

Lehrkräfte waren wenig vorbereitet auf Distanzunterricht

Und wie waren die Lehrerinnen und Lehrer auf den doch überfallsartig notwendig gewordenen Distanzunterricht vorbereitet? In der Covid-19-Analyse der OECD heißt es, dass die meisten Bildungssysteme von der Pandemie quasi auf dem falschen Fuß erwischt worden seien: "Sie waren nicht bereit für die Möglichkeiten des digitalen Lernens." Ein Viertel der Direktorinnen und Direktoren in den OECD-Ländern sagten, dass inadäquate technologische Voraussetzungen das Lernen ziemlich stark oder stark behindert hätten – die Spannweite reichte von zwei Prozent in Singapur bis 30 Prozent in Frankreich.

Laut OEDC-Studie hätten die Lehrkräfte schon vor der Pandemie einen hohen Bedarf an Training und Weiterbildung im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie geäußert. Nur 60 Prozent hätten professionelle Unterstützung im digitalen Bereich erhalten, fast ein Fünftel (18 Prozent) habe aber hohen Bedarf in diesem Bereich. Diese Daten zeigten, so schreibt die OECD, dass die Lehrkräfte ihre "Skills", also ihre Unterrichtsfähigkeiten, regelmäßig weiterentwickeln und sich fortbilden müssten, "um sich an die raschen Veränderungen im 21. Jahrhundert anzupassen".

"Technologie ist nur so gut, wie sie genutzt wird", heißt es weiter. Und da verweist die OECD auf ihre Talis-Lehrerstudie (Teaching and Learning International Survey) von 2018. Dieser zufolge haben OECD-weit nur die Hälfte aller Lehrkräfte (53 Prozent) in der Unterstufe ihre Schüler regelmäßig oder immer digitale Technologien für Projekte oder Klassenarbeit einsetzen lassen. Führend sind Länder wie Dänemark (90 Prozent) und Neuseeland (80 Prozent) – aber auch Finnland, Israel und Rumänien haben den Einsatz digitaler Technologien im Unterricht binnen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Österreich rangiert im hinteren Feld mit nur knapp mehr als 30 Prozent, die regelmäßig mit digitalen Unterrichtsmitteln arbeiten.

Wiedereröffnung der Schulen

Nach Mitte April begannen dann einige OECD-Länder bereits langsam, den Schulbereich teilweise wieder zu öffnen. Ende Mai wurden die Schulen dann in zwei Drittel der OECD-Länder (zumindest teilweise) wieder geöffnet – wenngleich nicht für alle Kinder verpflichtend, etwa weil sie krank sind, in ihrer Familie Angehörige der Risikogruppe haben oder aber die Schule nicht genug Platz hatte, um ausreichend Abstanz zwischen allen Schülerinnen und Schüler garantieren zu können. In Tschechien etwa wurden die Schulen im Sekundarbereich I für Schüler der Klassenstufe 9 geöffnet, organisiert in Kleingruppen von bis zu 15 Personen mit freiwilliger Anwesenheit. Bei Einhaltung von zwei (!) Metern Abstand müssen dort weder die Schülerinnen und Schüler noch die Lehrkräfte Masken tragen.

Zuerst die jüngeren Kinder ...

Viele Länder haben ihre Schulen in einem mehrphasigen, nach Klassenstufe oder Bildungsbereich gegliederten Prozess allmählich wieder geöffnet. In Dänemark sind die jüngeren Schüler zuerst zurückgekehrt (Kinderbetreuung und Bildungseinrichtungen im Primarbereich mit zusätzlichen Maßnahmen wie reduzierten Klassengrößen und räumlichem Abstand), auch in Frankreich (Primarbereich in den meisten Regionen mit Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl der Kinder im Klassenzimmer), den Niederlanden (Primarbereich) und Norwegen (Kindergärten und Primarbereich mit zusätzlichen Maßnahmen wie reduzierten Klassengrößen und räumlichem Abstand). Diese Länder hätten, schreibt die OECD, "niedrigeren Bildungsbereichen den Vorzug gegeben, da diese für die kognitive Entwicklung von Kindern von großer Bedeutung sind und es nicht leicht ist, mit kleinen Kindern online in Kontakt zu bleiben".

... oder doch lieber die älteren?

Den umgekehrten Weg ging man hingegen in Griechenland und Südkorea, wo die Schulen zuerst für ältere Schülerinnen und Schüler geöffnet wurden, vor allem für jene im Abschlussjahr, die Aufnahmeprüfungen für den Sekundarbereich oder Zulassungsprüfungen für den Tertiärbereich absolvieren mussten. So war es auch in Österreich.

Einige Länder wiederum – etwa Irland, Italien, Litauen, Portugal (Ausnahme: Schulstufen 11 und 12), und Spanien (Schulen öffnen für Schulstufen 10 und 12, die Teilnahme ist aber freiwillig) – sahen von Anfang an Schulschließungen bis Ende Juni vor.

Klassengröße als wichtiger Parameter für die Öffnung

Ein zentraler Parameter für die Öffnung der Schulen war in vielen Ländern (nicht so in Österreich) die Klassengröße – vor diesem Hintergrund: "Als eine der effektivsten Maßnahmen hat sich Abstandhalten (Social Distancing) erwiesen." Die OECD schreibt weiter: "Für Länder mit größeren Klassen ist es schwieriger, Schülergruppen so umzuorganisieren, dass das Infektionsrisiko minimiert wird."

Laut "Education at a Glance" bestand die durchschnittliche Klasse in einer öffentlichen Schule im OECD-Schnitt im Primarbereich aus 21 Kindern, in Österreich waren es 18. Im Sekundarbereich I (Unterstufe) beträgt die Durchschnittsklassengröße in Österreich 21, im OECD-Schnitt 23 Schülerinnen und Schüler.

Umgelegt auf das Verhältnis Lernende/Lehrende kommen im OECD-Schnitt im Primarbereich, also in der Volksschule, 15 Schülerinnen und Schüler auf eine Lehrkraft – wobei die Bandbreite von 9:1 in Griechenland und Luxemburg bis zu 2 :1 in Mexiko reicht. Für Österreich wird in den Volksschulen eine Schüler-Lehrkraft-Relation von 12:1 ausgewiesen, in der Unterstufe kommen acht Kinder auf eine Lehrerin oder einen Lehrer (OECD: 13), in der Oberstufe steht hierzulande eine Lehrperson im im Schnitt vor zehn Schülerinnen und Schülern, OECD-weit sind es 13.

Reduzieren, halbieren, irgendwie verkleinern, um den Abstand zu vergrößern

In vielen Ländern habe man die Schulen im Zuge der Corona-Pandemie "dazu angehalten, die Klassengröße zu reduzieren oder sogar zu halbieren, um den erforderlichen Sicherheitsabstand zwischen den Schülern zu gewährleisten", heißt es weiter – dieser wird in einigen Ländern sogar mit zwei Metern bemessen, wohingegen in Österreich unter der inoffiziellen Corona-Regentschaft des Babyelefanten immer nur von mindestens einem Meter die Rede ist.

Einige Länder wiederum haben eine Höchstzahl an Schülern vorgegeben, die sich gleichzeitig im Klassenzimmer aufhalten dürfen. Frankreich und das Vereinigte Königreich etwa haben im Primarbereich eine Obergrenze von 15 Schülerinnen und Schülern empfohlen, wenn der Sicherheitsabstand gewahrt werden kann. Jedoch tut sich Frankreich damit leichter, weil die durchschnittliche Klassengröße dort in öffentlichen Schulen mit 23 Kindern kleiner ist als im Vereinigten Königreich, wo sie bei 27 liegt.

Ein noch größeres Problem stellt der Sekundarbereich dar, weil da die Klassengröße tendenziell zunimmt. Abstandsregeln mit mehr als 30 Schülern pro Klasse, wie es sie in Ländern wie Chile, Japan und Kolumbien gibt, einzuhalten, indem man die Klassen zum Beispiel in Kleingruppen umorganisiert, werde besonders schwierig werden.

Wo der Schulbesuch eine "persönliche Entscheidung" ist

"Eine Reduzierung der Klassengröße hängt natürlich auch von anderen Faktoren ab wie der Größe der Klassenzimmer, der Verfügbarkeit von Räumlichkeiten und Personal und der persönlichen Entscheidung von Schülern und Lehrkräften, wann sie in die Schule zurückkehren", heißt es im OECD-Bericht. "Persönliche Entscheidung" ist der Schulbesuch bzw. die Teilnahme am Präsenzunterricht in Corona-Zeiten zum Beispiel in Frankreich, Kanada, Spanien und Tschechien. Wer das Zuhause nicht verlassen will, für den gibt es Fern- und Onlineunterricht. Erklärung der OECD: "Diese gemischten Angebote sollen sicherstellen, dass die Gesellschaft die Öffnung der Schulen mitträgt und gleichzeitig die Schulen über den optimalen Spielraum für die Einhaltung der Abstandsregeln verfügen."

Rund 60 Prozent der OECD- und Partnerländer setzten übrigens auf über den Tag verteilten Schichtbetrieb, um allen Schülern Unterricht in der Schule in kleinen Gruppen zu ermöglichen. "Unmittelbare Konsequenz dieser Maßnahme wird eine gegenüber der Zeit vor den Schulschließungen reduzierte Stundenzahl im Präsenzunterricht sein."

Noch weniger Unterrichtszeit

Das ist für Österreich insofern von Relevanz, als die durchschnittliche Pflichtunterrichtszeit doch um einiges unter dem OECD-Schnitt liegt. In der Primarstufe, also in der Volksschule, beträgt sie hierzulande 705 Stunden pro Jahr, der OECD-Schnitt ist fast hundert Stunden höher (804 Stunden). In der Sekundarstufe I, also bis zum Ende der Pflichtschulzeit, mussten Schülerinnen und Schüler in Österreich im vergangenen Jahr 900 Unterrichtsstunden absolvieren – eigentlich, denn dank Corona waren es ja deutlich weniger, aber die reguläre Stundenanzahl in dieser Schulstufe ist fast so hoch wie der OECD-Schnitt (922) und etwas höher als der EU-23-Schnitt (892), der 23 EU-Staaten vergleicht.

Mit Blick auf die Lehrerinnen und Lehrer zeigt sich folgendes Bild: Im Primarbereich müssen die Lehrkräfte im OECD-Schnitt pro Jahr 778 Stunden unterrichten, im Sekundarbereich I 712 Stunden, im allgemeinbildenden Sekundarbereich II 680 Stunden. Die Österreich-Werte dazu betragen im Primarbereich 792 Stunden, also leicht über dem OECD-Schnitt, aber ab dann geht eine Lücke auf: Heimische Lehrkräfte unterrichten im Schnitt im Sekundarbereich I pro Jahr 617 Stunden (fast 100 Stunden weniger als der OECD-Schnitt) bzw. im allgemeinbildenden Sekundarbereich II (AHS) 598 Stunden – das sind 82 Stunden weniger als im OECD-Schnitt.

Auch das Bildungssystem kann unter Druck geraten

Welche Schlussfolgerungen zieht nun OECD-Generalsekretär Gurría aus der Corona-Analyse seines Teams? Er warnt zum einen, dass für "benachteiligte Bildungsteilnehmer" die "Anpassung an den Fernunterricht am schwersten" war. Und er fürchtet: "Auch die Bildungsausgaben könnten in den kommenden Jahren unter Druck geraten. Da staatliche Notfallgelder in das Gesundheits- und Sozialwesen fließen könnten, sind die langfristigen öffentlichen Bildungsausgaben trotz kurzfristiger Konjunkturprogramme in einigen Ländern gefährdet. Auch die privaten Mittel zur Finanzierung von Bildungsausgaben werden durch den Konjunkturabschwung knapper. Viel gravierender ist jedoch, dass der Lockdown die Ungleichheit zwischen den Beschäftigten vergrößert hat. Das Arbeiten im Homeoffice ist zwar für viele Hochqualifizierte eine Alternative, denjenigen mit einem niedrigeren Bildungsstand steht diese Möglichkeit jedoch selten offen, und häufig waren es gerade sie, die im Kampf gegen die Pandemie an vorderster Front tätig waren und die Grundversorgung der Gesellschaft sicherstellten."

Ausbildung für das Rückgrat des wirtschaftlichen Lebens

Darum müsse der beruflichen Bildung in Zukunft besonderes Augenmerk gewidmet werden, denn: "Fernunterricht hat zwar beim akademischen Lernen eine gewisse Kontinuität erlaubt, aber die berufliche Bildung wurde durch die Krise besonders hart getroffen. Die Anforderungen des Abstandhaltens und die Schließung von Unternehmen haben praktische und betriebliche Ausbildungskomponenten, die entscheidend für den Erfolg der beruflichen Ausbildung sind, erschwert oder unmöglich gemacht." Dabei sei genau dieser Sektor mitentscheidend, wenn es um die (wirtschaftliche) Bewältigung der Corona-Krise gehen: "Und nicht zuletzt hängen viele Berufe, die während des Lockdowns das Rückgrat des wirtschaftlichen und sozialen Lebens bildeten, von berufsbildenden Qualifikationen ab."

Österreich nimmt, was den Stellenwert der beruflichen Bildung anlangt, eine besondere Rolle ein, wird in der Studie auch mehrfach hervorgehoben: Der Anteil der Schüler in der Sekundarstufe II (das sind vor allem AHS-Oberstufen, BMHS und Berufsschulen/Lehre), die eine Schule mit Berufsorientierung besuchen, liegt in Österreich bei 68 Prozent – im OECD-Schnitt sind es nur 42 Prozent.

Gurría zufolge muss "beim Eintritt in die Erholungsphase nach der Corona-Pandemie" die Rolle der Bildungssysteme – insbesondere der berufsbildende Bereich – für die "Stärkung der Resilienz von Gesellschaften" überdacht werden, also der Widerstandsfähigkeit in Krisen welcher Art auch immer. "Diese Pandemie ist ein Aufruf, uns mehr denn je politisch den nachhaltigen Entwicklungszielen zu verpflichten. (...) Die aktuelle Krise stellt unsere Fähigkeiten, auf grundlegende Störungen zu reagieren, auf die Probe. Jetzt ist es an uns, als Lehre daraus unsere Gesellschaften widerstandsfähiger zu machen." (Lisa Nimmervoll, 8.9.2020)