Blümel will in Wien den Zugang zu Gemeindewohnungen an Deutschkenntnisse knüpfen.

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Frauen spielen eine Schlüsselrolle bei der Integration. Das sagte Susanne Raab (ÖVP) gestern bei der Präsentation des Integrationsberichts. Und Ressentiments gegenüber Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund ebenso, möchte man ergänzen.

Aber bleiben wir erstmal beim Integrationsbericht und auch bei den hohen Zahlen der Corona-bedingten Arbeitslosigkeit bei Frauen, die Raab mit einem Förderschwerpunkt für Frauen abfedern will. Das ist notwendig und richtig, ebenso ein zusätzlicher Fokus auf jene Frauen, die während Flüchtlingsbewegung 2015 und 2016 nach Österreich gekommen sind. Laut Integrationsbericht hat davon nur jede zehnte Frau einen Arbeitsplatz – das ist erschreckend wenig.

Frauen mit Migrationshintergrund sind jetzt in der Corona-Krise nochmal stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Integrations- und Frauenministerin Raab betont, dass die Integration von Frauen deshalb so wichtig sei, weil sie selbst Integration quasi weitergeben: an ihre Familien und durch Werte, die sie ihren Kinder weitervermitteln. Und: Es brauche auch eine "Bereitschaft zur Integration". Einiges zu tun also für diese gleich mehrfach benachteiligte Gruppe.

Was jemand als fehlende Bereitschaft missversteht

Die "Bereitschaft, sich zu integrieren": Wenn man schon eine solche diffuse Kategorie als Anforderung formuliert, sollte man auch darüber nachdenken, was man womöglich als fehlende Bereitschaft missinterpretiert. Ob man es Geflüchteten oder anderen Menschen mit Migrationshintergrund womöglich sehr schwer macht, wenn man sie immer wieder als "das Andere" markiert, als das Problem. Hier müsste eine ÖVP-Ministerin in der eigenen Partei anfangen und gegensteuern.

So empfinden dort einige schon das Tragen eines Kopftuchs als fehlende Bereitschaft zur Integration, was sich durch die immer wieder geforderten Kopftuchverbote äußert. Susanne Raab hat selbst im Jänner die Ausweitung des Kopftuchverbots für unter 14-Jährige als einen "möglichen nächsten Schritt" genannt.

Genau das ist sie, diese Inszenierung "der Anderen" in "unserer" Gesellschaft: wenn eine Lehrerin mit Kopftuch ein Integrationshindernis sein soll, während gleichzeitig die Kreuze in den Klassenzimmern schon okay seien, weil sie "zu unserer Kulturgeschichte" (Raab) gehören. Und erst am Wochenende recycelte Finanzminister Gernot Blümel für den Wien-Wahlkampf die FPÖ-Forderungen, den Zugang zu Gemeindewohnungen an Deutschkenntnisse zu knüpfen.

So gehen Ressentiments

Gerade jetzt ist das besonders zynisch: Aufgrund von fünf Jahren Fluchtbewegung hören und lesen wir derzeit vermehrt Geschichten von geflüchteten Menschen über ihre ersten Jahre in Österreich. Etwa jene von Omar, der vor ein paar Tagen auf Ö1 erzählte, dass er die Lehre als Lebensmitteltechniker beinahe geschmissen hätte. Die Lehrer an der Berufsschule unterrichteten alle im Dialekt. Kaum verständlich für jemanden, der gerade erst Deutsch lernt. Oder die einer 50-jährigen Somalierin, die seit 2015 in Österreich lebt – ohne Job und ohne Aufenthaltstitel, den sie als einzige in ihrer Familie noch nicht hat. Es braucht in erster Linie mehr Bereitschaft der Politik. (Beate Hausbichler, 9.9.2020)