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Pro
von Amira Ben Saoud

Ab 30, heißt es, bleibt der musikalische Geschmack der meisten Menschen stecken. Sie hören dann nur bereits Bekanntes und werden auch sonst so, wie sie nie sein wollten. Deswegen braucht es einen passionierten Playlisten-Macher im Freundeskreis – eine Person, die für alle Anlässe, Geschmäcker und Gemütszustände vorgesorgt hat und ihr musikalisches Wissen gerne in Häppchen teilt.

Nichts sagt "Du bist mir wichtig" so deutlich wie die auf Lieblingsmenschen abgestimmten Playlisten. Nichts tötet eine Party so sehr wie mangelnde musikalische Vorbereitung, die zur Youtube-Disco des Grauens führt!

Playlisten sind Bildungsauftrag, sie zu teilen ist Nächstenliebe. Wie bei einem guten DJ-Set schafft erst die Abfolge der Songs den magischen Moment. Die Mischung macht’s: Immer ein bisschen Allgemeingut rein, dazwischen mit Neuem, Forderndem, Horizonterweiterndem würzen!
Und dann freilich: Teilen!

Kontra
von Daniel Koller

Playlists sind mein Heiligtum. Wie ein Trüffelschwein wühle ich mich durch gewaltige Sammlungen, nur um diesen einen Diamanten zu finden. Wenn dann nämlich ein Lied sofort ins Ohr geht, werden Endorphine ausgestoßen, die man sonst nur bei körperlich anstrengenden Aktivitäten vorfindet.

Trotzdem ist es durchaus harte Arbeit. Da und dort ist man nämlich Klängen ausgesetzt, die man wieder ungehört machen will. Der Weg ist allerdings das Ziel, also wird weiterhin gewühlt, bis der Ohrenarzt kommt.

Die Playlists werden daher nicht einfach so geteilt. Das dafür aufgewandte Herzblut wird von Dritthörern einfach viel zu wenig geschätzt. Schließlich stecken hinter jedem Song auch eine gewisse Geschichte und längere Recherche. Mein Musiktresor bleibt also zu – es sei denn, man besticht mich. Dann lässt sich selbst der härteste Schatzmeister erweichen. (RONDO, 18.9.2020)