Sogenannter Tafeliger Monazit auf einem Xenotimkristall. Sind in dem Mineral schon Strahlenschäden vorhanden, "heilt" das Mineral wieder von selbst.

Foto: Martin Slama

Wien – Manche Minerale setzen sich selbst radioaktiver Strahlung aus und verändern so über lange Zeit ihre Struktur. Das Mineral Monazit legt dabei ein Verhalten an den Tag, das dem von Camembert gleicht, in den man Löcher bohrt: es heilt sich selbst – allerdings nur, wenn schon Strahlenschäden vorhanden sind. Warum das so ist, hat ein internationales Forschungsteam um Wiener Mineralogen in Bestrahlungsexperimenten herausgefunden.

In der Natur kommt eine Vielzahl von Mineralen vor, welche Uran und Thorium in ihre Kristallstruktur einbauen. Dadurch entsteht radioaktive Selbstbestrahlung, die über Jahrmillionen hinweg den Kristall zerstört und ihn in einen glasartigen Zustand überführt, für den der norwegische Mineraloge und Geologe Waldemar Christofer Brøgger bereits im Jahr 1893 den Begriff "metamikt" prägte.

Spannend für Geologen und Materialwissenschafter

Sich selbst bestrahlende Minerale sind derzeit stark im Fokus der Forschung, weil Strukturzerstörung die physikalischen und chemischen Eigenschaften signifikant verändern kann. Diese zu verstehen ist wichtig für die geowissenschaftliche Forschung – eine der wichtigsten Methoden zur Altersdatierung von Gesteinen basiert auf dem radioaktiven Zerfall von Uran – und die Materialwissenschaften, denn radioaktive Minerale sind Analoga zu Wirtskeramiken für die Immobilisierung von Nuklearabfall.

Bisher konnte nicht erklärt werden, warum manche Minerale (wie z.B. Zirkon, ZrSiO4) in der Natur häufig durch Selbstbestrahlung verglast gefunden werden, während andere Spezies (wie z.B. Monazit, CePO4) – ungeachtet sogar deutlich höherer Selbstbestrahlung – niemals metamikt werden, sondern stets nur moderat strahlengeschädigt sind.

Weich wie Camembert

Die Erklärung hierfür ist zunächst, dass die Struktur von Monazit nicht stabil genug ist, um Strahlenschäden über geologische Zeiträume hinweg zu akkumulieren. Lutz Nasdala von der Universität Wien erläutert dies durch einen Vergleich mit Käse: "Es ist möglich, mit einem Bleistift Löcher in einen harten ('stabilen') Emmentaler Käse zu bohren, während analoge Löcher in einem weichen Camembert schnell wieder 'ausheilen'", so Nasdala.

In der Vergangenheit wurde bereits vermutet, dass das permanente Selbstausheilen von Monazit nicht nur der geringen thermischen Stabilität dieses Minerals zuzuschreiben ist, sondern auch durch natürliche Alphapartikel (energiereiche Helium-Atomkerne, die bei sogenannten Alpha-Zerfallsereignissen von instabilen Nuklei emittiert werden) hervorgerufen wird. Letzteres stand jedoch in scheinbarem Widerspruch zur Beobachtung, dass kristalliner Monazit durch Alpha-Beschuss geschädigt wird.

Hochenergetische Helium-Ionen statt Alpha-Teilchen

In der im Fachjournal "Scientific Reports" veröffentlichten Studie konnte das Forschungsteam die Ursache des Selbstausheilens von Monazit durch Bestrahlungsexperimente finden: Hochenergetische Helium-Ionen (Analoga zu natürlichen Alpha-Partikeln) generieren in kristallinem Monazit Strahlenschäden, in bereits strahlengeschädigtem Monazit verursachen sie dagegen ein Ausheilen vorhandener Strahlenschäden. Ein kristalliner Monazit entspricht also quasi dem "Edamer" während strahlengeschädigter Monazit zu "Camembert" wird.

Eine so starke Abhängigkeit der Eigenschaften eines Minerals vom Grad seiner Strahlenschädigung ist bisher noch nie beschrieben worden. Eine Konsequenz für die geowissenschaftliche Forschung ist unter anderem, dass Experimente mit synthetischem (also nicht strahlengeschädigtem) Monazit nicht unbedingt zu Ergebnissen führen, die für das Verhalten dieses in der Natur immer moderat strahlengeschädigten Minerals relevant sind. (red, APA, 17.9.2020)