Wien – "Airbus wird mich noch kennenlernen": Das prophezeite Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) am 13. Februar bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz, nachdem der Eurofighter-Hersteller in den USA politische Zuwendungen im Zuge des hiesigen Jet-Deals rund um die Jahrtausendwende eingeräumt hatte. Seitdem pocht die Ministerin auf "Wiedergutmachung", auch die zur Jahresmitte aufgeschobene Entscheidung über Wohl und Wehe der Eurofighter sowie die künftige Luftraumüberwachung hat Tanner mit dem immer noch nicht beigelegten Rechtsstreit mit dem Luftfahrtkonzern begründet.

Räumt im Zuge einer Neos-Anfrage Funkstille zu Airbus ein: Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).
Foto: APA / Robert Jaeger

Allein: Eine aktuelle Anfragebeantwortung Tanners an die Neos fördert nun zutage, dass zwischen dem Verteidigungsressort und Airbus bis dato weitgehend Funkstille herrschte. Wie der STANDARD schon im Februar berichtete, spielte sich das erfolglose Kennenlernen in den turbulenten Wintertagen folgendermaßen ab: "Der Generalsekretär des Bundesministeriums für Landesverteidigung kontaktierte nach der Veröffentlichung des Vergleichs in den Vereinigten Staaten von Amerika den Geschäftsführer von Airbus Defence and Space, Herrn Hoke, bzw. Corporate Secretary Frau Jonscher am 17. Februar 2020", erklärt Tanner in der Beantwortung an Douglas Hoyos & Co mit der Aktenzahl S91143/146-PMVD/2020, und: "Die telefonische Kontaktaufnahme diente dem Zweck der Abstimmung der weiteren Vorgehensweise. Da seitens Airbus Defence and Space keine Gesprächsbereitschaft vorlag, kam es weder zu einem Treffen noch zu weiteren telefonischen Kontaktaufnahmen."

Was den Stand der Ermittlungen in der Causa Eurofighter angeht, erklärt die Verteidigungsministerin: "Das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV), vertreten durch die Finanzprokuratur, wahrt Ansprüche und Rechte der Republik Österreich als Privatbeteiligte in dem von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) geführten Ermittlungsverfahren." Bislang seien "zahlreiche Stellungnahmen zu den in der Sachverhaltsdarstellung umschriebenen Betrugsvorwürfen erstattet und Urkunden sowie Beweise vorgelegt" worden. Mit einer im Mai eingebrachten Stellungnahme seien "wiederholt konkrete Ermittlungsmaßnahmen gegenüber der WKStA angeregt" worden. Aber: "Da die Airbus Defence and Space GmbH und die Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH die ihnen vorgehaltenen Täuschungs- und Betrugsvorwürfe vehement bestreiten, ist eine außergerichtliche Bereinigung der Ansprüche derzeit nicht zu erwarten." Eine gerichtliche Entscheidung erwartet die Ministerin daher "nicht vor Ende des Jahres 2020".

Sanktus zu Indonesien-Deal fraglich

Das bisher nicht erfolgte Kennenlernen mit Airbus birgt auch insofern Brisanz, als Tanner nun mit Indonesien über einen Verkauf der Eurofighter reden möchte, nachdem dort im Sommer Interesse an den Abfangjägern bekundet worden war. Bloß: Für einen Verkauf braucht es nicht nur die Zustimmung der Herstellerstaaten Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien, sondern auch den Sanktus der USA sowie von Airbus selbst – nicht zuletzt weil in den Flugzeugen auch militärisch sensible Komponenten eingebaut sind. Wie Letzterer angesichts der mangelnden Gesprächsbasis erfolgen soll, gilt daher als völlig ungewiss.

Angesichts von Tanners Antworten sagt Neos-Wehrsprecher Hoyos zum STANDARD: "Airbus hat offenbar kein Interesse, die österreichische Verteidigungsministerin zu treffen. Und diese Antwort zeigt einmal mehr: Tanners Weg führt das österreichische Bundesheer nur noch weiter in den Abgrund." Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wiederum schaue weiter zu, "wie Tanner in ihrem Ministerium Chaos" anrichte.

Dem Vernehmen nach soll Außenminister Alexander Schallenberg (ebenfalls ÖVP) not amused darüber gewesen sein, dass Tanner ohne Rücksprache mit ihm das indonesische Offert prüfen will. Im Außenamt weist man derlei Darstellungen allerdings als "völligen Mythos" zurück. (Nina Weißensteiner, 9.9.2020)