Eine Vollformat-Kamera der etwas anderen Art. Hier zu sehen: Die Brennpunktebene.

Foto: SLAC

Bei den Smartphones ist das Megapixel-Rennen wieder ausgebrochen. Erste Geräte bringen mittlerweile eine Hauptkamera mit, die über 100 Megapixel bietet. Eine Auflösung, über die die Forscher im SLAC National Accelerator Laboratory des US-Energieministeriums wohl nur schmunzeln können.

Denn sie haben nun die bisher größte digitale Einzelaufnahme geschossen. Sie hat eine Auflösung von 32.000 Megapixel. Würde man sie in voller Auflösung darstellen wollen, so bräuchte man 370 Bildschirme mit 4K-Auflösung.

SLAC National Accelerator Laboratory

3,2 Milliarden Pixel

Einzelaufnahme bedeutet, dass nicht eine Reihe von Bildern nachträglich in ein großes Foto kombiniert wurde. Die LSST-Kamera verfügt über 189 speziellen Bildsensoren, die jeweils einen Ausschnitt mit 16 Megapixeln erzeugen. Angeordnet sind sie in Neunerblöcken, zwischen denen der Abstand dem Äquivalent von fünf Haaresbreiten entspricht. Die Brennpunktebene kommt so auf insgesamt 3,2 Milliarden Pixel, die jeweils nur 10 Microns hoch und lang sind. Sie ist außerdem extrem flach, mit Höhenunterschieden von nicht einmal einem Zehntel eines menschlichen Haars.

Kamera in SUV-Format

Mit einer Breite von rund 60 Zentimetern ist der Sensor freilich deutlich größer, als selbst jene in Vollformat-Kameras, die maximal wenige Zentimeter messen. Die gesamte Konstruktion kommt insgesamt etwa auf die Maße eines SUVs. Die Auflösung reicht aus, um selbst einen 24 Kilometer entfernt liegenden Golfball auf einem Foto noch erkennen zu können.

Für solch triviale Einsätze ist die LSST-Cam allerdings nicht gedacht. Sie soll am Vera Rubin-Observatorium in Chile in den Himmel gerichtet werden und in den kommenden zehn Jahren Aufnahmen von rund 20 Milliarden Galaxien liefern. Allerdings nicht in Farbe. Dafür kann sie über ihr Teleskop auch das Licht von Objekten einfangen, die 100 Mal dunkler sind, als es das menschliche Auge erkennen könnte.

SLAC National Accelerator Laboratory

Betriebstemperatur: -101 Grad

Aufwändig war nicht nur die Konstruktion der Kamera, auch ihr Einsatz ist es. Die Brennpunktebene wird im Betrieb auf rund -101 Grad herunter gekühlt, da dies für die verwendeten Sensoren die optimale Betriebstemperatur ist. Nun laufen letzte Tests, um die Kamera auf den nötigen Stand zu bringen, damit sie im Observatorium genutzt werden kann. Mitte 2021 soll die Testphase abgeschlossen werden.

Als Motiv für das erste Foto hat man den Kopf eines Romanesco-Brokkolis auserkoren. Fotografiert wurde er durch ein 150 Mikron breites Loch. Dieses und andere Testaufnahmen können auf der Website des SLAC Laboratorys in voller Auflösung betrachtet werden.

Finanziert und vorangetrieben wurde das Forschungsprojekt nicht nur vom Energieministerium, sondern auch von zahlreichen renommierten wissenschaftlichen Institutionen wie dem Lawrence Livermore Laboratory, der University of California, Harvard und dem französischen Nationalen Zentrum für Wissenschaft und Forschung. (gpi, 13.9.2020)