In der Spätphase des Zweiten Weltkriegs kämpften Esten in den Reihen der Waffen-SS gegen Esten in Reihen der Roten Armee.

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"1944" heißt der Film im estnischen Original. Die Jahreszahl reicht in dem kleinen Land, um dieselbe Assoziation hervorzurufen, die der deutsche Titel "Brüder – Feinde" für das hiesige Publikum erst schaffen muss. In der Spätphase des Zweiten Weltkriegs kämpften Esten in den Reihen der Waffen-SS gegen Esten in Reihen der Roten Armee. Brüder eben – und Feinde zugleich.

Der historische Kriegsfilm, der manche der bekanntesten estnischen Schauspieler aufbietet, vermittelt ganz ungekünstelt und sehr überzeugend die Tragik des Schicksals des Landes – zermahlen zwischen den verbrecherischsten Regimen des 20. Jahrhunderts. Karl Tammik kämpft auf der Seite der Nazis, die sich aus Estland zurückziehen. Jüri Jõgi steht in den Reihen der Russen, die gerade das gesamte Land unter ihre Herrschaft bringen. Die Wege der beiden Protagonisten kreuzen sich nur einmal, trotzdem umspannt der Faden der Erzählung die Geschicke der beiden so, dass die jungen Soldaten durch mehr als nur Waffenfeindschaft verbunden sind. Aber zu viel der Handlung sei nicht verraten.

Trailer zu "Brüder – Feinde".
Ascot Elite Entertainment

Weder ist Tammik Nazi, noch ist Jõgi Kommunist. Der Erste kämpft freiwillig in den Reihen der Deutschen, weil die Russen einen Teil seiner Familie nach Sibirien geschickt haben. Jõgi wurde von der Roten Armee eingezogen. Aber immer schwingt mit, dass die Rollen auch umgekehrt verteilt sein könnten. Der Film spielt schließlich in einer Zeit und in einem Land, wo es vorkommen konnte, dass in ein und derselben Familie der älteste Sohn von den Nazis zwangsrekrutiert wurde, der jüngste bei den Kommunisten kämpfen musste und die Eltern in Sibirien saßen. (Aloysius Widmann, 9.9.2020)