Eva Fischer leitet das neue Wiener Medienkunstfestival.

Foto: Lukas Maul

Blick in die "Area for Virtual Art" mit ihren non-binären Avataren.

Foto: Martina Menegon/Enrico Zago/areaforvirtual.art

Es blinkt, es fiept, lauten Vorurteile gegen Medienkunst. Die umfasste einmal Video, dann auch den Computer, jünger ist die Virtual-Reality-Brille. Wohl auch wegen dieser Sperrigkeit fristete das letzte Medienkunstfestival in Wien eher ein Schattendasein. Nach zwei Jahren Pause hat Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) im Frühjahr aber seinen Neustart verkündet. Eine Leitung ist nun gefunden: Kuratorin Eva Fischer wird für zumindest die Ausgaben 2021 und 2022 verantwortlich sein. Und sie plant, mit gesellschaftspolitischem Ansatz die Reichweite zu erhöhen.

Die vergangenen Monate mit Corona bilden dabei gleich den Untersuchungsgegenstand für die erste Auflage zum Motto "Social Distancing und Virtual Bonding". Zehn Stunden am Tag ist Fischer teils in Zoom-Konferenzen gesessen, um ihre Projekte voranzutreiben, sagt sie, dabei kam ihr die Frage: Was macht es mit unserer Kommunikation, wenn man sich während eines Gesprächs am Bildschirm sieht?

Erkenntnisse aus dem Lockdown

Überhaupt war der Lockdown für Fischer erkenntnisreich. Während soziale Netzwerke eine reibungslose Kommunikation ermöglichten, habe sich ausgerechnet auf dem Feld der Medienkunst ein Fehlen von Infrastruktur gezeigt. So hat sie im Team binnen Monaten die Area for Virtual Art erfunden, eine 3D-animierte Blase, in die sich digitale Kunstwerke und Plauderecken einbetten lassen. Beim Medienkunstfestival soll sie als digitales Festivalgelände dienen. Erst feiert sie aber bei der kommenden Ars Electronica Premiere, danach wird sie die Vienna Design Week digital erweitern.

Das zeigt, wie gut Fischer in der Szene vernetzt ist. Als Kuratorin und Managerin hat sie zehn Jahre lang das Festival sound:frame veranstaltet, seit Jahren unterrichtet sie zudem als Dozentin an Fachhochschulen, beim Filmfestival Diagonale in Graz hat sie zuletzt den Virtual-Reality-Schwerpunkt aufgebaut. Der gesellschaftspolitische Aspekt war ihr neben dem künstlerischen bei alldem wichtig. "Medienkunst ist immer politisch gewesen, und das soll sie bleiben", so Fischer.

Wie non-binäre Avatare und verändern

Politisch ist schon die Wahl eines Avatars im virtuellen Raum. "Ich kann bei einem Avatar so tun, als wäre ich ein anderer. Das kann man positiv und negativ sehen. Die Avatare, die wir für die Area programmieren, sind etwa non-binär, haben kein Geschlecht. Was macht das mit mir als Nutzer? Wird dadurch meine Kommunikation anders? Das Festival ist ideal, um solche Fragen aufs Tapet zu bringen." Oft lassen sich Forschungsprojekte andocken.

Medienkunst ist stark vom technischen Fortschritt geprägt. Obwohl heute alles sehr auf Sound und Bild ausgerichtet sei, meint Fischer, dass in zehn Jahren auch Haptik und Gerüche normal sein werden. Zurzeit kämen die größten Entwicklungen aber aus den Bereichen Gaming und niederschwelliger Open-Source-Software wie dem neuerdings gratis zugänglichen Mozilla Hubs, mit dem seither viele experimentieren. Sind auch Lifestyle-Apps wie Instagram medienkunstfähig? "Wenn man Medien mit Kinderkram befüllt, dann sind sie Kinderkram. Aber gerade im Hinblick auf #cyberactivism ist es etwa wichtig, über ein Medium zu verfügen, das große Reichweite hat."

In der Produktion gut aufgestellt

Stattfinden soll das Festival im Februar, als Spielort soll neben der Area auch der reale Stadtraum fungieren. "Wir wollen keinen Eskapismus, wo es darum geht, alles nur mehr virtuell zu machen, sondern einen zusätzlichen Möglichkeitsraum öffnen", sagt Fischer. Gegen sechs andere ernstzunehmende Konzepte hat sie sich durchgesetzt.

Jenseits von Einreichungen will sie von den jährlich 150.000 Euro Budget auch Werke zu aktuellen Themen in Auftrag geben. Zur Umsetzung großer Projekte soll es auch Kooperationspartner geben. Da sei man in Österreich etwa mit dem Mak gut aufgestellt. Nicht nur an der Angewandten und Akademie in Wien wird zudem geforscht, sondern auch an Fachhochschulen. Luft nach oben sieht Fischer indes auf der Präsentationsebene. Aber das ändert sich ja. (Michael Wurmitzer, 10.9.2020)