Der Preis in der Landwirtschaft ist vielfach selbst schwer steuerbar.

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Wien – Durch die Einkommen österreichischer Bauern zieht sich ein Riss, der zusehends tiefer wird. Seit zwei Jahren sind ihre Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft unterm Strich gesunken. 2019 verdiente ein Betrieb durchschnittlich 27.970 Euro. 2017 lag das Einkommen noch bei gut 30.800 Euro.

Finanziell gerieten vor allem Bergbauern ins Hintertreffen, wie aus dem aktuellen "Grünen Bericht" des Landwirtschaftsministeriums hervorgeht. Aber auch Biobetriebe mussten unterm Strich trotz des Booms an Bioprodukten im Lebensmittelhandel deutliche Einbußen hinnehmen. Schuld daran tragen aber weder Bio noch Berge, wie ein genauerer Blick in die Landwirtschaft zeigt.

Forstwirte unter Druck

Tiefe Einschnitte verbuchten vor allem Forstwirte. Extreme Trockenheit und die damit verbundene rasante Ausbreitung des Borkenkäfers machten große Mengen von Holz unverkäuflich, was Bauern, darunter etliche Biobetriebe, in waldreichen Regionen traf. Ebenso rasselten die Preise für Schnittholz nach unten.

Eine Sonderkonjunktur erlebten hingegen Schweinezüchter, in deren Reihen sich Biobauern nur mit der Lupe finden lassen. Die afrikanische Schweinepest dezimierte im Vorjahr die Tierbestände in China dramatisch. Der größte Fleischverbraucher der Welt war daher zu Massenschlachtungen gezwungen, was zu einem Sog an Schweinen aus Europa führte und die Preise international nach oben schnalzen ließ. Zu den Gewinnern der Krise in China zählte auch Österreich.

Die Biobranche kann sich von den weltweit stark schwankenden Rohstoffmärkten in der Regel gut abkoppeln. In Österreich wird mehr als ein Viertel der Landwirtschaftsflächen biologisch kultiviert. International gesehen ist das Geschäft jedoch eine Nische.

Sättigung an Biogetreide?

Biobauern verdienten im Vorjahr zwar immer noch mehr als konventionelle Kollegen – den jüngsten Statistiken zufolge aber um ein Zehntel weniger als 2018. Verantwortlich dafür war in erster Linie der Ackerbau, bei dem Landwirte im Vorjahr finanzielle Abstriche von 21 Prozent machen mussten.

"Österreichs Produktion an Biogetreide wie Roggen wächst mittlerweile stärker als die Nachfrage", sagt Ferdinand Lembacher, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer. Der Biobedarf lasse sich eben nicht ins Unermessliche steigern – auch nicht im Export. Viele Länder, die bisher Bio aus Österreich importierten, bauten ihre eigene Bioflächen aus. "Das drückt die Preise."

Wachsende Nachfrage

Beim Bioverband Bio Austria, der Biobetriebe in sich vereint, ist von schwacher Nachfrage und Sättigung keine Rede. Der Biomarkt wachse nach wie vor stetig. Erstmals hat er in Österreich die Umsatzschwelle von zwei Milliarden Euro übersprungen. Der Lebensmittelhandel verbuchte mit Bio im ersten Halbjahr einen Zuwachs von 20 Prozent, rechnet Verbandssprecher Markus Leithner vor. Nach zwei guten Jahren habe sich das Einkommen nun auf normales Niveau eingependelt.

Von 2018 auf 2019 sattelten hierzulande 700 konventionelle Bauern auf Bio um. Öffnen sich Förderfenster, starten viele zeitgleich, was für einen Schwung an neuem Rohstoff sorgt, erläutert Leithner. Seine Branche will daher permanente Einstiegsmöglichkeiten in den Biolandbau – Deutschland lebt dies vor.

2,2 Milliarden Euro

In Summe flossen im Vorjahr in Österreich 2,2 Milliarden Euro von EU, Bund und Ländern in die Landwirtschaft. Das sind um 51 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Neben mehr öffentlichen Geldern profitieren die Landwirte von Diversifizierung. Wer sich etwa mit Urlaub auf dem Bauernhof versucht oder mit einem Heurigen ein zweites Standbein aufbaut, steigt finanziell oft besser aus.

Für Erleichterung unter Landwirten sorgt, dass die EU-Kommission die Anwendung der neuen Bioverordnung um ein Jahr auf 2022 verschieben will – sofern EU-Rat und EU-Parlament zustimmen. Denn die Detailregelungen von Bereichen wie Fleisch und Eier, Wein, Obst und Gemüse sind mit den Mitgliedsstaaten bisher weder exakt ausformuliert noch ausdiskutiert. Ziel sei, so wenig Biobetriebe wie möglich zu verlieren, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium.

Klarheit für Weidehaltung

Klarheit will die Biobranche, was die neue zwingende Weidehaltung betrifft. Die EU pocht ab 2021 auf ein Ende der Ausnahmen. Gründe wie die Überquerung von Straßen und Bahnübergängen oder Entfernungen zu Wiesen von mehr als 200 Metern reichten bisher aus, um Tiere im Stall belassen zu dürfen. Hunderte Betriebe arbeiten alternative Weidepläne aus. Vor allem in kleinen Dorfstrukturen drohen etliche daran zu scheitern. Sie hoffen, dass die EU auch hier das Zeitfenster für die Umsetzung bis 2022 erweitert.

Die Frist zur Erstellung eines Weideplanes läuft jedenfalls mit 30. September ab. Weil die notwendigen Vorgaben dafür noch nicht vorliegen, wurde sie bereits einmal verschoben. Leithner: "Die Zeit wird knapp. Es braucht zumindest eine Kulanzlösung in Form einer Nachfrist." (Verena Kainrath, 10.9.2020)