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In China dankt man Disney für "Mulan", bei der Opposition ist die Begeisterung hingegen gering.

Foto: Reuters / Carlos Garcia Rawlins

Dass chinesische Blockbuster voll mit einmal subversiver und dann wieder ziemlicher platter Propaganda sind, ist nichts Neues. Dass dabei ein amerikanischer Unterhaltungskonzern mitmacht, ist doch eine Meldung wert. Der Disney-Film "Mulan" ist seit Freitag auf dem Streaming-Portal Disney+ angelaufen.

Er erzählt die Geschichte von Hua Mulan, der Tochter eines großen Kriegers. Als die Hunnen in den Westteil des Landes, der heutigen Unruheprovinz Xinjiang einfallen, verkleidet sich Mulan als Mann und besiegt einfallende Reiterhorden. Als sie ihr wahres Geschlecht offenbart, wird sie zunächst verstoßen, rettet dann den Kaiser und wird am Ende begnadigt. Vaterlandstreue, Opferbereitschaft und Chinas Westgrenze – all das sind Motive, die in "Mulan" eine Rolle spielen. Die aber sind nicht der Grund, warum der Film gerade zum Desaster für Disney zu werden droht.

"Special thanks" an die Lagerbetreiber

Gedreht wurden Teile des Films in der von Uiguren bewohnten Provinz Xinjiang. Das muslimische Turkvolk leidet seit Jahrzehnten unter den Repressalien und der Siedlungspolitik Pekings. Seit vergangenem Jahr aber ist zudem bekannt, dass die kommunistische Führung in Xinjiang sogenannte Umerziehungslager betreibt. Hunderttausende von Uiguren werden hier zwangsinterniert, zu Arbeitsdiensten gezwungen und mit Propaganda beschallt. Zudem sollen tausende Frauen zwangssterilisiert worden sein. Dass Teile von Mulan zum Teil nur wenige Kilometer von diesen Arbeitslagern gedreht wurden, mag verzeihlich sein.

Für mehr Kritik sorgt, dass sich Disney im Abspann bei Organisationen bedankt, die aktiv an diesen Arbeitslagern beteiligt sind. "Special thanks" erhalten acht chinesische Regierungsorganisationen, darunter auch das "Büro für öffentliche Sicherheit in Turpan", einer Stadt im östlichen Teil der Provinz, wo sich nachweislich mehrere solcher Lager befinden. Auch die Propagandaabteilung der "kommunistischen Partei für die autonome Region Xinjiang" wird besonderer Dank ausgesprochen.

Boykottaufrufe gegen den Kinderfilm

Der Sinologe und Aktivist Adrian Zenz rief deswegen auf Twitter zum Boykott von "Mulan" auf. Er nannte es "kapitalistische Ausbeutung von ihrer besten Seite". Auch der Hongkonger Demokratieaktivist Joshua Wong schrieb, wer sich "Mulan" ansehe, ignoriere nicht nur Polizeigewalt und Diskriminierung, sondern mache sich auch zum Komplizen der massenhaften Inhaftierung von Uiguren. Auf Twitter trendet mittlerweile der Hashtag #boycottmulan.

Vor der chinesischen Führung einzuknicken, um den gewaltigen Markt nicht zu verlieren, ist für Disney nicht ganz neu. Als Ende der Neunziger "Kundun" über das Leben des Dalai Lama erschien, machte der damalige Disney-Chef Michael Eisner einen Kotau vor Ministerpräsident Zhu Rongji. Er nannte den Film einen "dummen Fehler", in der Zukunft wolle man vermeiden, Freunde zu verärgern. Disney ist damit allerdings nicht allein. Immer öfter haben sich in den vergangenen Jahren ausländische Unternehmen an die Vorgaben der kommunistischen Partei angepasst. Als zum Beispiel auf dem deutschen Instagram-Account von Autohersteller Daimler Anfang 2018 eine Lebensweisheit des Dalai Lama erschien, bat das Unternehmen umgehend um Entschuldigung und löschte den Beitrag. (Philipp Mattheis, 10.9.2020)