Isabella Wolf, Nina C. Gabriel und Petra Staduan (v.li.) sind zusammen eine Lady-Macbeth-Figur.

Andrea Klem

Wiener Neustadt – Machterhalt fordert Blutopfer. Bei Shakespeare konnte man es noch fließen sehen, heute geht das abstrakter. Menschen werden im Vorbeigehen vergiftet oder in Hinterzimmern in Säure aufgelöst. Olga Flor hat die beiden Welten in ihrem Roman Die Königin ist tot (2012) zusammengeführt: zeitgenössischer Lynchmord nach dem Modell des schottischen Killerpaares Macbeth. Flors Bühnenfassung feierte nun in den seit der Landesausstellung 2019 neu renovierten Kasematten von Wiener Neustadt Uraufführung. Es ist die clever erzählte Beichte einer Frau, die an ihrem Gatten, einem Medientycoon namens Duncan, Rache übt.

Das Geschlechtergefälle ist hier der James-Bond-Welt entliehen, oder eben der republikanischen Ehe aus Übersee: Mann ist Chef, Frau ist Deko. Lilly, wie sich die (eine Variante der) Frau nennt, gibt als zeitgenössisches Subjekt also eher ein trostloses Bild ab. "Seine Karriere ist auch meine", sagt sie. Ja, sicher. Schon im steilen Einstiegssatz legt sie sich die Rolle der Passiven an: "Ich lasse mich immer gerne ficken von einem Krieger".

"Weiblich" performen

Eine Weile lang schmeckt die auf drei Stimmen bzw. drei Schauspielerinnen (Isabella Wolf, Nina C. Gabriel und Petra Staduan) aufgespaltene Figur dem von Tyrannei und Verachtung geprägten Ehezustand masochistisch nach. Dabei performen die Schauspielerinnen in Anna Maria Krassniggs Inszenierung sehr "weiblich", so wie man sich Tycoon-Gattinnen eben vorstellt: Sie posen auf Terrassenstegen und Treppen eines unheimlichen, dystopisch wirkenden Chicagoer Penthouse-Gebälks (Bühne: Andreas Lungenschmid) in Minikleid, schwarzer Sonnenbrille und mit eingeknickten Hüften.

Mit Verve bedient diese Dreigestalt Lilly/ Lady M/ die Königin patriarchatsgesteuerte Schablonen, um dann zu erkennen, dass das ungesund ist. Mit dem ihr oktroyierten zweiten Ehemann (sämtliche Männerrollen sind nur in Videozuspielungen präsent, Video: Christian Mair) vollzieht sie schließlich den Mord am schrecklichen Ex-Gatten. Der Lynchmord gelingt, und doch hat die Frau in einem System wie diesem (skrupellose Alphamännchenzirkus) immer das Nachsehen, so die etwas absehbare Conclusio des 90-minütigen Abends.

Er bleibt – trotz seiner Patina – vor allem dank einer fabelhaften Textfassung (von Karl Baratta und Marie-Therese Handle-Pfeiffer) und den raffinierten, einer ungewöhnlichen Spannungsdramaturgie folgenden Erzählschritte spannend. (Margarete Affenzeller, 11.9.2020)