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In einem Übergangslager auf Lesbos finden einige der Menschen nun Platz.

Foto: AP/Petros Giannakouris

Am Sonntag wurden die ersten Asylwerber, die in den vergangenen Tagen und Nächten nach dem Brand im Lager Moria auf Feldern, Parkplätzen und Strassen kampiert hatten, in das neu errichtete Übergangslager hinter dem Vorzeigelager Kara Tepe gebracht. Die griechischen Behörden haben dort große Zelte aufgebaut, die mit dem Hubschrauber geliefert werden mussten, weil die Lokalbevölkerung und die Lokalbehörden den Aufbau einer neuerlichen Struktur für Asylwerber verhindern wollten. In den neuen großen Zelten ist es allerdings kaum möglich Abstand zu halten. Deshalb ist die Eindämmung der Covid-19-Pandemie nun eine der schwierigsten Herausforderungen.

Alle Asylwerber, die in das neue Camp gebracht wurden, wurden auf Covid-19 getestet. Sieben von ihnen waren positiv. Zwei von ihnen gehörten zu jenen 25 Personen, die bereits vor dem Ausbruch des Feuers positiv getestet worden waren. Die Schnell-Tests gelten allerdings nicht als besonders zuverlässig. Neben dem Lager wird eine Quarantäne-Station aufgebaut, in die Infizierte gebracht werden. Besonders schutzbedürftige Gruppen, wie Familien mit kleinen Kindern werden zuerst in das Übergangslager aufgenommen.

Straße nach Mytilini gesperrt

Die griechischen Behörden versuchen vor allem die Straße zur Hauptstadt Mytilini gesperrt zu halten, damit Migranten und Flüchtlinge nicht das Virus weiter in die Stadt tragen können. In den vergangenen Tagen kam es auf Lesbos zu einem Anstieg der Covid-19-Infektionen. Die Schulen wurden deshalb erst ein paar Tage später geöffnet.

Die staatlichen Stellen führen weiter die Versorgung der Asylwerber durch. NGOs werden wegen der Pandemie-Gefahr kaum einbezogen. Das neue Übergangslager ist für 3000 Menschen geplant, das bedeutet, dass viele andere Flüchtlinge und Migranten – darunter viele Familien mit kleinen Kindern weiterhin ohne Unterkunft bleiben. Die Zelte im Lager Moria waren allerdings auch zum großen Teil nur selbst gebastelte Unterstände, die im Winter kaum Schutz boten. Auch jetzt begannen viele Flüchtlinge wieder aus Holz und Decken Unterstände zu bauen.

Rein symbolische Geste

Viele Migranten wollten allerdings gar nicht in das Übergangslager gebracht werden und fordern ihre Überführung ans Festland. Bisher wurden – auf Ansuchen der EU – nur 406 Jugendliche aufs Festland gebracht. Einige EU-Staaten wollen diese besonders Schutzbedürftigen aufnehmen. Wenn sie 18 sind, wird ihr Asylstatus noch einmal überprüft. Die Aufnahme der 406 Jugendlichen wird in Griechenland als rein symbolische Geste gesehen. Eine wirkliche Entlastung für das südosteuropäische Land wäre es, wenn andere EU-Staaten Tausende bereits anerkannte Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen würden.

Die Schweiz und Deutschland haben in der Zwischenzeit 1,2 Tonnen an Decken, Zelte, Schlafsäcke, Matratzen und Hygieneprodukten nach Lesbos entsandt. Nachdem das Lager Moria in der Nacht zum Mittwoch und Donnerstag praktisch völlig niedergebrannt ist, verblieben 12.700 Menschen obdachlos. Am Freitag demonstrierten Tausende Migranten und Flüchtlinge und forderten ans Festland oder nach Deutschland gebracht zu werden.

Widerstand der Lokalbevölkerung

Wegen des Widerstands der lokalen Bevölkerung konnten Asylwerber bisher auch nicht wie geplant auf die Schiffe gebracht werden, die im Hafen von Mytilini bleiben sollten. Anwohner verhinderten auch, dass Fahrzeuge zum Lager Moria fuhren, um dort die zerstörten Container und die verbrannten Zelte zusammenzuräumen und wegzubringen. Denn sie fürchten, dass danach das Camp Moria wieder errichtet wird. Die lokale Bevölkerung, die sich seit vielen Jahren eine Rückkehr zur alten Realität wünscht, will erreichen, dass die Migranten und Flüchtlinge sofort nach ihrer Registrierung aufs Festland gebracht werden. Dies widerspricht allerdings dem EU-Türkei-Plan, der vorsieht, dass auf den Inseln zunächst entschieden werden soll, wer überhaupt Asyl bekommen könnte und von den Inseln aus auch Rückführungen vorgenommen werden.

Die Behörden wollen die Migranten und Flüchtlinge überdies nicht aufs Festland bringen, weil sie Angst vor einer Verbreitung des Virus haben und weil sie gar nicht so viele freie Plätze in anderen Flüchtlingslagern am Festland haben. Jenes Gebäude, in dem die Infizierten vor dem Brand in Quarantäne gebracht worden waren, wurde ebenfalls zerstört. Und von den Infizierten wurden bislang griechischen Medien zufolge nur acht Personen wieder gefunden.

Auf der Suche nach den Brandstiftern

In der Zwischenzeit haben die Behörden versucht, jene Migranten herauszufinden, die vergangene Woche die Feuer im Camp gelegt haben. Unter Verdacht steht griechischen Medien zufolge eine Gruppe von etwa 30 jungen Afghanen, die auch durch Drogenschmuggel aufgefallen waren. Feuerwehrleute berichteten, dass junge Männer, brennbare Flüssigkeit in die Flammen geworfen hatten, um das Camp niederzubrennen. Offensichtlich herrschte die Überlegung vor, dass die Migranten ans Festland gebracht würden, wenn das Camp zerstört wird. (Adelheid Wölfl, 13.9.2020)