Erstautor Lukas Weymann im Labor an der TU Wien.

Foto: TU Wien

Einen neuen magnetoelektrischen Effekt haben Wiener Physiker in Langasit-Kristallen entdeckt. In dem Material sind elektrische und magnetische Eigenschaften auf ungewöhnliche Weise verbunden, berichten die Forscher im Fachjournal "npj Quantum Materials". Das könnte eine neue Möglichkeit eröffnen, Daten in Festkörpern zu speichern.

Dass Elektrizität und Magnetismus eng zusammenhängen, ist weithin bekannt: Stromleitungen erzeugen ein Magnetfeld, rotierende Magnete in einem Generator erzeugen Strom. Auch in bestimmten Materialien sind elektrische und magnetische Eigenschaften Weise miteinander gekoppelt. So lassen sich elektrische Eigenschaften mancher Kristalle durch Magnetfelder beeinflussen und umgekehrt – was als "magnetoelektrischer Effekt" bezeichnet wird.

"Ob die elektrischen und magnetischen Eigenschaften eines Kristalls miteinander gekoppelt sind, hängt von seiner inneren Symmetrie ab", erklärte Andrei Pimenov vom Institut für Festkörperphysik der Technischen Universität (TU) Wien. Bei einem hohen Grad an Symmetrie könne es keinen magnetoelektrischen Effekt geben.

Umgekippte Polarisation

Die Forscher um Pimenov und Lukas Weymann (ebenfalls TU Wien) haben nun gemeinsam mit Kollegen aus Russland und den Niederlanden das Material Langasit untersucht. Es besteht aus Lanthan, Gallium, Silizium, Sauerstoff und Holmium. Seine Kristallstruktur ist so symmetrisch, dass sie keinen magnetoelektrischen Effekt erlauben sollte. Bei schwachen Magnetfeldern ist das auch der Fall. "Doch wenn man die Stärke des Magnetfelds erhöht, geschieht etwas Bemerkenswertes: Die Holmium-Atome ändern ihren Quantenzustand und bilden ein magnetisches Moment aus. Dadurch wird die innere Symmetrie des Kristalls gebrochen", so Pimenov.

Durch die gestörte Symmetrie ist es möglich, die sogenannte elektrische Polarisation des Kristalls mit einem Magnetfeld zu verändern. Dabei ist nicht nur die Stärke des Magnetfeldes entscheidend, sondern auch dessen Richtung. "Wenn man die Richtung des Magnetfelds ein kleines bisschen dreht, kann die Polarisation völlig umkippen. Das ist eine neue Form des magnetoelektrischen Effekts, die man bisher noch nicht kannte", so der Physiker.

Die Wissenschafter wollen nun versuchen, ob sich auch die magnetischen Eigenschaften mit einem elektrischen Feld verändern lassen. "Das sollte grundsätzlich genauso möglich sein", sagte Pimenov. Dies könnte eine vielversprechende neue Möglichkeit eröffnen, Daten in Festkörpern zu speichern. (red, APA, 15.9.2020)