Nach der Ablehnung von Microsofts Angebot dürfte nun Oracle Tiktoks letzter Rettungsanker sein.

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Tiktok ist in den vergangenen Jahren zum Phänomen geworden. Das soziale Netzwerk, das seinen Nutzern die Veröffentlichung von Kurzvideos mit Musik und Effekten ermöglicht, hat sich weltweit zum Renner entwickelt. Besonders in den USA, wo sich laut offiziellen Zahlen 100 Millionen der insgesamt 800 Millionen User tummeln. Die Zielgruppe ist jung, 60 Prozent sind zwischen 16 und 24 Jahre alt.

Doch Tiktok hat auch ein Problem, denn es gehört zu Bytedance, einem chinesischen Konzern mit Sitz in Peking. Und diese Bande sind der US-Regierung ein Dorn im Auge. Als neues Kapitel in der Auseinandersetzung mit China hat US-Präsident Donald Trump im August ein Verbot des Dienstes angekündigt. Er wirft dem Anbieter vor, Nutzerdaten an die chinesische Regierung weiterzugeben, was eine Gefahr für die nationale Sicherheit sei.

Immer wieder Kritik

Eine Anschuldigung, die von Tiktok und Bytedance stets zurückgewiesen wurde. Man operiere unabhängig von der autoritären Landesführung, und die Daten amerikanischer Nutzer seien geschützt, erklärte man. Doch in der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Kontroversen rund um das Netzwerk.

Untersuchungen von Sicherheitsunternehmen kamen zu dem Ergebnis, dass die App in Sachen Datenschutz ein "beachtliches Risiko" sei. Zudem waren Vorwürfe laut geworden, dass die Moderatoren bei der Inhaltsmoderation nach einem Regelwerk aus dem Hauptquartier in Peking vorgehen müssten. Auch das wies Tiktok zurück und verpasste sich schließlich ein neues Regelwerk und intensivierte seine Kommunikation mit Politik und Öffentlichkeit.

US-Ultimatum

Doch die vertrauensbildenden Maßnahmen fruchteten nicht. Schon seit Anfang des Jahres ist es Mitarbeitern des US-Militärs und bestimmter Behörden untersagt, die App auf ihren Dienstgeräten zu nutzen. Anfang August wurde diese Vorgabe auf alle Organisationen der Regierung ausgeweitet. Und nun droht dem Netzwerk ein Verbot in den USA.

Um dem Verbot zu entgehen, wird nun versucht, Tiktok an einen US-Konzern zu verkaufen. Bis wann das geschehen muss, ist unklar. Trump und sein Finanzminister Steven Mnuchin erklärten zuletzt, die 45-Tage-Frist ende am 20. September. Allerdings hat Trump am 14. August sie per Präsidialerlass (PDF) auf 90 Tage verlängert. Das bedeutet, dass die Deadline eigentlich erst im November ausläuft und Bytedance noch anderthalb Monate Zeit für einen Deal hat.

Oracle als letzte Option

Als aussichtsreichster Bieter galt lange der IT-Riese Microsoft. Dort forderte man auch Zugriff auf den Quellcode des Netzwerks. Man wolle "signifikante Änderungen vornehmen", um alle Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes auszuräumen. Doch dem kam offenbar eine neue Regulierungsmaßnahme der chinesischen Regierung zuvor. Ende August verbot Peking den Transfer von Technologie an ausländische Käufer ohne explizite Einwilligung des Staates. Nun hat Bytedance Microsofts Angebot offiziell ausgeschlagen.

Somit bleibt noch der Dienstleister Oracle, dessen Gründer und Vorstandschef Larry Ellison offen Trumps Wiederwahl unterstützt, als mögliche Lösung übrig. Schon im August hatte der US-Präsident auch eine Präferenz für diese Option erkennen lassen. Der vor allem für Datenbanktechnologie bekannte Konzern soll nun "Technologiepartner" von Tiktok werden und sich an dem Dienst beteiligen, statt ihn komplett zu übernehmen.

Allerdings gibt es große Zweifel daran, dass es überhaupt zu einer Abschluss kommen wird, denn China steht einem Verkauf oder einer ausländischen Mehrheitsbeteiligung ablehnend gegenüber. Man sieht das Vorgehen der US-Regierung als weiteren Erpressungsversuch im Rahmen des seit Jahren ausgetragenen Handelsstreits. Und so könnte im November, kurz nach der Präsidentschaftswahl, für Tiktok in den USA das Licht ausgehen. (gpi, 14.9.2020)