Der österreichische Sport schreibt seltsame Geschichten. Als Jochen Rindt 1970 Formel-1-Weltmeister wurde, war es Karl Schranz, der zum Sportler des Jahres gewählt wurde. Als Niki Lauda sich 1975 im Ferrari zum Champion krönte, erhielt Franz Klammer den Vorzug. Auch Dominic Thiem hatte in den vergangenen Jahren gegenüber Marcel Hirscher das Nachsehen. Wer hierzulande Anerkennung erfahren will, muss im Normalfall seine Kreuzbänder riskieren.

Dominic Thiem gehört zu den Champions.
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An einem Titel bei den US Open gibt es aber auch in Österreich kein Vorbeikommen. Thiem ist der designierte Sportler des Jahres. Seine Leistung lässt sich selbst mit einem ausgeprägten Faible für den Carvingschwung nicht kleinreden. Der Triumph von New York ist mit dem Sieg von Thomas Muster bei den French Open 1995 und dem Tischtennis-Weltmeistertitel von Werner Schlager 2003 gleichzusetzen.

Thiem hat in Flushing Meadows den Makel der verlorenen Endspiele hinter sich gelassen. War das die Wachablöse? Stößt ein 27-Jähriger aus Lichtenwörth die großen Drei vom Thron?

Die Weltrangliste spuckt Thiem bereits weit vor Roger Federer aus, Novak Djokovic und Rafael Nadal sind nicht mehr unantastbar. In zwei Wochen startet das Turnier von Roland Garros. Nadal ist ausgeruht, Djokovic wird sich in Paris beherrschen. Es gibt viele Herausforderer, aber nur wenige Champions. Seit Sonntag gehört Thiem zu den Champions.(Philip Bauer, 14.9.2020)