"Wir gehen einen Schritt weiter in der Smartphone-Entwicklung" – mit Bescheidenheit fielen die Vertreter des koreanischen Techkonzerns LG nicht unbedingt auf, als sie vergangene Woche ihr neuestes "Baby" vorab auf einer Online-Pressekonferenz präsentierten.

Und tatsächlich weiß man mit dem Gerät, man hat es "Wing" getauft, herauszustechen. Statt einem Falthandy oder einem aufklappbaren Handy mit zwei Bildschirmen, setzt man auf eine Kombination aus einem großen (6,8 Zoll, 2460 x 1080 Pixel, 60 Hz) und einem kleinen OLED-Display (3,9 Zoll, 1240 x 1080 Pixel, 60 Hz). Und einem Clou: Der große Bildschirm klappt mit einer 90-Grad-Rotation auf.

Heißt: Anstatt eines Handys im Tabletformat hält der Nutzer ein Gerät in "T-Form", wobei die Ausrichtung – großes Display oben, kleines unten oder umgekehrt – je nach Verwendung variieren kann. Das erlaubt zwei Nutzungsmodelle, die LG als "A+" und "A+B" beschreibt.

Die Vorstellung des LG Wing.
LG Mobile Global

A+ und A+B

Ersteres bedeutet, dass einer der beiden Bildschirme – in der Regel der kleinere – genutzt wird, um eine am anderne Display laufende App zu erweitern. Ein Beispiel hierfür wäre etwa Youtube, bei dem die Steuerelemente für die Videowiedergabe (Start/Pause, vor, zurück, Helligkeit) ausgelagert werden. Auch umgekehrt geht es, etwa wenn man einen Messenger am kleinen Bildschirm öffnet und den großen als komfortable Touchtastatur verwendet.

Eine Reihe von Apps soll dank Zusammenarbeit von LG mit ihren Herstellern diesen Modus unterstützen. Neben diverser Software von Goolge gehört dazu auch Microsofts Mail-Client Outlook. Der Homescreen des Android-Systems wurde ebenfalls angepasst, er wird zu einem "Appkarussell", wenn man beide Displays nutzt.

Die zweite Variante, A+B, ist simpel gehalten. Hier öffnet man auf jedem Bildschirm jeweils eine unterschiedliche App, beispielsweise wenn man gleichzeitig Chatten und Filmschauen möchte. Die Kombinationen aus unterschiedlichen Programmen lassen sich abspeichern.

Mindestens 200.000 Mal soll sich der Bildschirm aus- und einklappen lassen, sagt LG. Dafür bürgen soll ein Mechanismus mit Doppelfeder und hydraulischem Dämpfer.

Foto: LG

Snapdragon 765 und Triple-Cam

Doch was steckt unter der Haube? Angetrieben wird das Handy vom Snapdragon 765G, der dem unteren Highendsegment zuordenbar ist. Dazu gibt es 8 GB RAM und 128 GB Speicher. Dieser kann per microSD-Karte erweitert werden, allerdings muss man dafür einen der beiden nanoSIM-Slots opfern.

Bei der Kamera setzt man auf ein Triple-Modul. Ein 64-MP-Weitwinkelmodul, ein 13-MP-Sensor mit Ultraweitwinkel sowie eine weitere Weitwinkelkamera mit 12 MP, die mit einem "Gimbal"-Feature beworben wird. Hält man die Kamera am kleinen Display, so sollen mit ihr besonders ruckelfreie Videos gemacht werden können. Nicht ganz klar ist allerdings, ob hier neben softwareseitiger Bildstabilisation auch eigene Hardware zum Einsatz kommt, ist unklar. Die Frontkamera bietet einen Sensor mit üppigen 32 MP.

Weitere Specs

In Sachen Konnektivität liefert man aktuelle Standards: Wifi 5 (802.11ac), Bluetooth 5.1, NFC und 5G-Kompatibilität. Entsperrt wird das Handy mit einem Fingerabdrucksensor im Display. Eine Kopfhörerklinke gibt es nicht, aufgeladen wird das LG Wing über einen USB-C-Anschluss.

4000 mAh nimmt der Akku auf. Quickcharge wird mit bis zu 25 Watt unterstützt, ein passendes Ladegerät liegt bei. Das Handy soll außerdem dank einer Beschichtung "einen gewissen Grad an Feuchtigkeit" – sprich: Regen – aushalten. Eine IP-Zertifizierung sei allerdings aufgrund des Formfaktors nicht machbar gewesen.

Foto: LG

1099 Euro

Wer mit der alternativen Umsetzung eines Dualscreen-Handys liebäugelt, muss etwas tiefer in die Tasche greifen. Den voraussichtlichen Preis in unseren Breitengraden beziffert der Hersteller mit 1099 Euro. Im November soll es in Deutschland und Österreich in den Handel starten.

Mit der Vorstellung hat LG auch gleich weitere Experimente angekündigt, das Wing sei nur das erste Gerät des "Explorer"-Programms. Ein Smartphone mit faltbarem Display hat man derzeit allerdings nicht in Planung. (gpi, 14.09.2020)