Das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen in Niederösterreich.

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Die Stadt Wien hat sich im Gemeinderat mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und Neos symbolisch dazu bekannt, 100 Flüchtlingskinder aus dem abgebrannten griechischen Flüchtlingslager Moria aufzunehmen. Das ist aber eine Materie auf Bundesebene – und die ÖVP ist auf Bundes- wie Landesebene bekanntlich vehement dagegen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) formulierte in einem Brief an Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) stattdessen das Angebot, dass der Bund "100 unbegleitete Minderjährige aus der Bundesbetreuung nach Wien in die Landesversorgung bringen" könne. Und zwar aus Traiskirchen. Derzeit befinden sich laut Nehammer rund 170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bundesbetreuung.

Ludwig reagierte am Montag ebenfalls mit einem Brief. Der Bürgermeister zeigte sich "überrascht" darüber, "dass Sie die Lebensumstände jener Menschen, für die Sie als Innenminister verantwortlich sind, mit der Situation in Moria, einem völlig überfüllten und inzwischen abgebrannten Flüchtlingscamp, vergleichen".

Falls Nehammer der Meinung sei, "dass Menschen in Ihrem Verantwortungsbereich [...] auch so schlecht untergebracht sind wie die Menschen in Moria, dann ist die Stadt Wien bereit zu helfen. Im Sinne der hilfs- und schutzbedürftigen Menschen". Die Antwort auf Nehammers Angebot laute in diesem Fall: "Aber selbstverständlich!" Der Brief liegt dem STANDARD vor.

Ludwig gehe aber davon aus, "dass Sie als zuständiger Innenminister auch für die menschenwürdige Unterbringung von Hilfs- und Schutzbedürftigen – insbesondere von unbegleiteten Minderjährigen – in den in Ihrem Verantwortungsbereich stehenden Bundesbetreuungseinrichtungen wie dem Aufnahmezentrum Traiskirchen Sorge tragen und auch die Sicherheit der Menschen – auch in Zusammenhang mit Covid-19 – gewährleisten".

Angebot für Kinder aus Moria erneuert

Wien habe sich, so Ludwig, "stets solidarisch mit der Republik Österreich" gezeigt. So habe man während der Corona-Krise die Maßnahmen der Bundesregierung unterstützt und mitgetragen. Das gelte aber auch für die Unterbringung von Schutzsuchenden: So erfülle "Wien seit Jahren die vereinbarten Quoten in der Grundversorgung" – zumeist sogar weit über die festgeschriebene Zielerfüllung hinaus, schrieb Ludwig.

Das Angebot, 100 schutzbedürftige Kinder aus Moria in Wien aufzunehmen, bleibt laut Ludwig aufrecht. (David Krutzler, 14.9.2020)