Lange galt es als ungeschriebene Regel, besser jede zweite Windows-Version auszulassen. Ein Schema, das sich im Großen und Ganzen nicht schlecht bewährte. Eine dieser "Zwischenversionen", denen heute keine besonders positive Retrospektive spendiert wird, ist die Windows Millennium Edition, kurz ME.

Sie erschien am 14. September 2000 als eine Art "Frankenstein"-System. Es kombinierte zahlreiche Designelemente aus dem an den Firmenbereich gerichteten Windows 2000 mit dem Unterbau seiner direkten Vorgänger, Windows 95 und 98. Das Ergebnis war für Microsoft größtenteils ein Fiasko.

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Notlösung

Denn Windows ME stand bei Microsoft ursprünglich gar nicht auf der Agenda, fasst "Heise" zusammen. Der Konzern wollte eigentlich das für die Consumer-Ausgaben von Windows genutzte DOS-Fundament ad acta legen und sie mit der "Business"-Linie in Windows 2000 mit dem modernen NT-Kernel zusammenführen.

Doch die Arbeiten an dieser Vereinigung litten unter mehrfachen Verzögerungen, sodass Microsoft im März 1999 einen Teil der Entwickler abstellte, um neben Windows 2000 noch einmal eine eigene Ausgabe für Privatanwender umzusetzen. Einen Monat später wurde selbige als Windows ME angekündigt.

Ein Grund für diese Entscheidung war auch, dass man die Systemanforderungen, auf die Windows 2000 zusteuerte, als zu hoch für den Massenmarkt betrachtete. Somit entschloss man sich, wieder die 9x-Basis zu verwenden.

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Schwacher Start, schlechter Ruf

ME brachte eine Reihe neuer Spiele und Tools mit. DirectX wurde auf Version 7, der Internet Explorer auf 5.5 aktualisiert. Zum ersten Mal unterstützte das System ab Werk das Öffnen von ZIP-Dateien und anderen Archiven. Das System verlangte zumindest einen Pentium-Prozessor mit 150 MHz, 32 Megabyte RAM und 320 MB auf der Festplatte. 205 Euro wollte Microsoft dafür haben, Windows-95- und -98-Besitzer konnten vergünstigt aufrüsten.

In den ersten Tagen nach dem Release wurden weniger als halb so viele Exemplare verkauft wie noch von Windows 98. Wirklich beschleunigen sollte sich der Absatz auch danach nicht, denn schnell machten Berichte über zahlreiche Fehler und Absturzanfälligkeiten die Runde. Der gefürchtete "Bluescreen of Death" war für viele Nutzer ein regelmäßiger Begleiter ihres Computeralltags mit der Windows Millennium Edition.

Ende einer Ära

Auch Microsoft erkannte, dass das neue System keiner großen Zukunft entgegenblickte. Man lieferte zwar Aktualisierungen aus, aber den Ruf, wirklich stabil zu sein, konnte es sich nie erarbeiten. In Redmond entschloss man sich zu einem "Ende mit Schrecken" und hakte die 9x-Ära endgültig ab.

Nur etwas mehr als ein Jahr später, am 25. Oktober 2001, kam schließlich das von dieser Altlast befreite, NT-basierte Windows XP auf den Markt. Auch hier gab es zwar kleinere Kinderkrankheiten, im Vergleich zu seinen Vorläufern war das System jedoch kaum zum Absturz zu bringen. Das System erlangte immense Popularität, sodass Microsoft erst 13 Jahre später den Support endgültig einstellte. (red, 15.9.2020)