Die österreich-russische Freundschaftsgesellschaft wurde neu organisiert.

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Zu unerwarteten Entwicklungen ist es am Dienstag in der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG) gekommen. Es gibt einen neuen Präsidenten, einen neuen Generalsekretär und einen neuen Finanzreferenten – und sie alle stammen aus dem Umfeld von Florian Stermann, dem bisherigen Generalsekretär des Vereins. Der bisherige Präsident Richard Schenz und sein Vize, der SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter, sind nicht mehr im Amt.

Die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft war zuletzt durch Verwicklungen rund um die Causa Wirecard in die Schlagzeilen geraten. Stermann soll vertrauliche Nachrichten des Wirecard-Managers Jan Marsalek an die FPÖ weitergeleitet haben. Marsalek war als "Senator" in den Verein aufgenommen worden, mit den Stimmen auch ÖVP- und SPÖ-naher Funktionäre. Auch Marsaleks Wirecard-Kollege Markus Braun war "Senator". Die mittlerweile insolvente Wirecard hat den Verein jährlich mit rund 10.000 Euro unterstützt.

Unerwartete Wendung

Am Montag war in einer Präsidiumssitzung ausgemacht worden, dass Stermann nicht zur Wiederwahl als Generalsekretär antritt, gemäß Wahlvorschlag sollte Schenz wieder Präsident und Matznetter wieder dessen Vize werden, neuer Generalsekretär sollte ein Wirtschaftskammer-Funktionär werden. Allerdings kam es dann anders: Stermann und Johann Gudenus sollen eine Vielzahl von (freiheitlichen) Mitgliedern aktiviert und die geplante Reform des Vereins boykottiert haben. Es soll, nach Lesart der einen, zu einer Kampfabstimmung gekommen sein, mit der die geplante Besetzung der Gremien verhindert wurde, eine Minderheit verließ die Sitzung.

Präsident ist nun Maximilian Christoph Habsburg-Lothringen, ein guter Bekannter Stermanns, Generalsekretär ein Anwalt des Mannes, und der Finanzreferent soll ein Verwandter von Stermann sein. Gudenus streitet die Darstellung eines "Umsturzes" ab:"Es gab ein eindeutiges Ergebnis, ich habe als einfaches Mitglied mitgestimmt". Habsburg sei ohne Gegenstimme gewählt worden.

Habsburg-Lothringen als Präsident

Auch Habsburg-Lothringen selbst stellt die Sache weniger dramatisch dar. Es habe keine Kampfabstimmung gegeben, vielmehr sei er mit 42 Stimmen, vier Enthaltungen und ohne Gegenstimme gewählt worden, bestätigt er. * "Nur ein paar Leute, die parteipolitischen" hätte die Sitzung verlassen. Er selbst sei im Vorfeld von Mitgliedern gefragt worden, ob er Präsident werden wolle und habe sich dann aufstellen lassen.

Habsburg-Lothringen sagte am Dienstagnachmittag zum STANDARD, er sei bis jetzt Mitglied der Gesellschaft und seit 2019 in deren Vorstand gewesen, er gehöre keiner Partei an. Und: Im Vorfeld der Versammlung seien Mitglieder der Freundschaftsgesellschaft an ihn herangetreten, auch russische, die den Wunsch geäußert hätten, man solle bei den Funktionären "weg von Parteien und jemand Neutralen wählen, der, wie ich unpolitisch ist".

"Meinen Familiennamen nutzen"

Seinen Familiennamen, so Habsburg-Lothringen, könne man in diesem Sinne nutzen. Er selbst sei seit 17 Jahren in Russland tätig, im Rahmen seines Family-Office helfe er Russen in Österreich und Österreichern in Russland.

Der Verein hat 184.000 Euro in seinen Kassen und sei von Stermann und Co wie bei einem Putsch übernommen worden, sagen Involvierte. Ex-Vizepräsident Matznetter bedauert, dass es "nicht gelungen ist, die Gesellschaft zu ihren eigentlichen Aufgaben zurückzuführen". (Renate Graber, 15.9.2020)