Das Hotel Sacher in Wien und der Schwesterbetrieb in Salzburg bauen massiv Personal ab.

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Die Zimmer leer, die Gänge verwaist, das Personal in Kurzarbeit. Das Hotel Sacher vis-à-vis der Staatsoper hat schon bessere Zeiten gesehen. Seit dem Lockdown befindet sich das Gros der Belegschaft in Kurzarbeit. Internationale Gäste – von Schauspielern über Manager bis hin zu betuchten Touristen – bleiben aus. Die Auslastung ist auch nach der vorübergehenden Schließung der Hotellerie bescheiden.

Sacher-Geschäftsführer Matthias Winkler spricht – auf das gesamte Jahr betrachtet – von einem Rückgang der Belegung um 75 Prozent. "Dramatischer könnte eine Situation nicht sein", sagt der Schwiegersohn von Ex-Chefin Elisabeth Gürtler, die einst den Opernball organisierte und die Spanische Hofreitschule führte. Diese Entwicklung hat nun auch dramatische Konsequenzen für die Mitarbeiter. Die Gruppe trennt sich von 140 Beschäftigten.

Auslastung zu gering

Bei den verbleibenden 345 Angestellten weiß Winkler nicht einmal, ob die bei Kurzarbeit ab Oktober eigentlich vorgesehene Minimalbeschäftigung von 30 Prozent erreicht werden könne, wie er erklärt. Auch im kommenden Jahr geht der Beherbergungsbetrieb von keiner substanziellen Verbesserung aus.

Gewerkschaft stimmte zu

Doch ganz so einfach ist das mit den Kündigungen nicht. Sie sind eigentlich erst nach einer Behaltefrist von einem Monat nach Ende der Kurzarbeit möglich. Warum dann das Sacher Mitarbeiter im großen Stil freisetzen kann? Es gibt eine Ausnahmeregelung, wonach Kündigungen dennoch zulässig sind. Dafür bedarf es der Zustimmung der Gewerkschaft. Und die stimmte zu, wie dem STANDARD informell bestätigt wurde.

Matthias Winkler spricht von noch mehr Kündigungen, die angedacht waren.
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Das erscheint schon recht ungewöhnlich, kämpft doch die Gewerkschaft Tag für Tag für den Erhalt und den Ausbau der Beschäftigung. Doch die Arbeitnehmervertreter sahen sich in einer Notlage, wie involvierte Personen erläutern. Das Hotel habe nämlich noch drastischere Pläne gewälzt. Demnach sei wegen der miserablen Auslastung die Schließung erwogen worden, bis sich die Lage wieder bessert. "Wir haben zähneknirschend zugestimmt, sonst wären alle rausgeflogen", erzählt ein Insider. Somit konnte das Unternehmen den Stellenabbau durchziehen.

Erholung dauert lange

Diese Sichtweise wird von Winkler nicht bestätigt, eine Schließung sei nie im Raum gestanden, sagt er. Aber: "Richtig ist, dass wir ohne Zustimmung zu noch viel drastischeren Maßnahmen gezwungen gewesen wären. Sprich deutlich mehr Kündigungen."

Der Sacher-Chef begründet den Abbau nicht nur mit der aktuell schlechten Auslastung, sondern auch mit Erfahrungen aus der Vergangenheit. Sowohl die Attentate am 11. September 2001 als auch die Finanzkrise 2008 hätten gezeigt, dass sich der internationale Tourismus nur sehr langsam von derartigen Schocks erhole. "Das dauert in der Stadthotellerie vier bis fünf Jahre." Selbst wenn die Auslastung wieder steige, blieben die Preise noch länger im Keller, so Winkler.

Branche will mehr Hilfe

Er betont zudem, dass man mit den Maßnahmen die Verluste senke und die Überlebensfähigkeit des Unternehmens sichere. Von den Kündigungen entfallen 105 auf Wien, 35 auf das Sacher in Salzburg. In der Manufaktur – also der Herstellung der Sachertorte – und in den Kaffeehäusern in Graz und Innsbruck will man mit Kurzarbeit und ohne Stellenabbau über die Runden kommen.

Wenig echtes Leben im Sacher.
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Nicht viel besser geht es vielen anderen Hotels. Die Branche fordert schon seit Wochen ein eigenes Stützungspaket, insbesondere für die Beherbergungsbetriebe in den Städten. Dazu zählt die Verlängerung der Kurzarbeit und des Fixkostenzuschusses bis Ende 2021. Bei Letzterem gibt es freilich gröbere Wickel mit der EU-Kommission. "Die sich abzeichnende epidemiologische Lage in Österreich und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die weitere Geschäftstätigkeit lassen eine Verschärfung der bereits jetzt bedrohlichen Liquiditätsengpässe befürchten", betont Robert Seeber, Obmann der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer.

Eine Branche sieht rot: Die Stadthotellerie ist von Corona besonders hart getroffen. Mit dem Sacher kommt es nun bei einem prominenten Unternehmen zu Einschnitten beim Personal.
(Andreas Schnauder, 15.9.2020)