Kein glücklicher Start der von ihm konzipierten Corona-Ampel: Minister Anschober.

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Auf dem Papier wirkte das Konzept bestechend klar: Ein unabhängiges Expertengremium analysiert Woche für Woche, wie sich die Pandemie in den einzelnen Regionen entwickelt. Nach einem erweiterten Ampelsystem – Grün, Gelb, Orange, Rot – bekommt jeder Bezirk eine Farbe verpasst, die das jeweilige Risiko anzeigt. Daraus leiten sich, für jedermann via Homepage nachvollziehbar, konkrete Gegenmaßnahmen ab.

Doch tatsächlich brach nach dem ersten Flackern Verwirrung los. Erst verhängte die Regierung eine bundesweite Maskenpflicht und andere Restriktionen, wie sie Stufe Gelb entsprachen, dennoch blieb der Großteil Österreichs auf Grün geschaltet. Dann stufte die Kommission Wien und andere Bezirke auf Orange, ohne dass daraus konkrete Maßnahmen folgen. Die mit den einzelnen Farben verknüpften Regelungen waren von der Homepage verschwunden.

Abstufung über den Haufen geworfen

Chaotische Umsetzung? Im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), oberster Bauherr der Ampel, hält man fachliche Argumente entgegen. Die Experten der Corona-Kommission, die wöchentlich über die Ampelschaltung berät, habe entschieden, dass es bei Stufe Grün generell eine Verschärfung brauche, deshalb die Maskenpflicht. Dies habe dann aber nicht mehr mit den Regelungen der Stufen Gelb bis Rot zusammengepasst, weshalb diese gestrichen wurden und nun überarbeitet werden sollen. Die Entscheidung der Kommission habe man bei der Konzeption der Ampel nicht ahnen können, heißt es aus dem Ministerium: "Eine Pandemie ist nicht voraussehbar."

Was sowohl Anschober als auch Kanzler Sebastian Kurz klarstellen: Einen Automatismus werde die Ampel nie bringen. Auch die neuen, an die Farben gekoppelten Leitlinien würden für die Corona-Kommission nicht verbindlich sein – und die Letztentscheidung bleibe bei der Regierung.

Ein Automatismus wäre auch nicht sinnvoll, sagt der Simulationsforscher Niki Popper, der die Ampel grundsätzlich für eine gute Idee hält, weil diese auf die regionale Entwicklung abzielt. "Die Entwicklung eines solchen Tools ist keine einfache Sache, sondern hochkompliziert", merkt der Experte an: "Man sollte der Ampel eine Chance geben. Allerdings ist bei der Kommunikation zum Start so einiges schiefgelaufen." (Gerald John, 15.9.2020)