MAN, Sacher, ATB, Voest. Die Liste von prominenten Unternehmen, die Mitarbeiter abbauen, wird länger. Und die wirklich schwierige Zeit für den Arbeitsmarkt hat noch gar nicht begonnen, die bricht erst an, wenn die Tage kalt werden, die Baustellen stillstehen und tausende Hackler zum AMS geschickt werden.

Im Winter drohen erneut 500.000 Arbeitslose, warnte der gewerkschaftsnahe Thinktank Momentum am Dienstag bereits. Was unternimmt die Regierung im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit – und wo bleibt sie untätig?

Kurzarbeit

Das wichtigste Instrument gegen die Jobkrise in Österreich ist die Kurzarbeit. Aktuell sind 389.000 Menschen in Kurzarbeit, das ist mehr als jeder zehnte Beschäftigte. Das Modell hat zwar für Kritik gesorgt – so gab es laut Arbeitsmarktexperten vor allem zu Beginn Überförderungen bei Unternehmen, die Antragstellung war komplex. Inzwischen wurde das eingedämmt und zweifelsfrei hat das System zehntausende Jobs gerettet.

Fixiert wurde nun von den Sozialpartnern die dritte Phase der Kurzarbeit, die Details liegen dem STANDARD vor. Neben den bekannten Eckpunkten – die Phase 3 beginnt im Oktober, der Mindestarbeitsrahmen wird von zehn auf 30 Prozent angehoben – gibt es noch ein paar interessante Neuerungen.

Gut 404.000 Arbeitslose gibt es aktuell. In den kommenden Monaten soll es für Betroffene mehr Qualifizierungsmaßnahmen geben.
Foto: Andi Urban

Die neue Kurzarbeitsperiode soll fix von Oktober bis März laufen, ist also nicht wie die bisherigen je nach Startzeitpunkt verlängerbar. Die Antragshürden werden erhöht. So müssen Unternehmen, sofern sie mehr als sechs Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, eine schriftliche Begründung einreichen, die die Umsatzentwicklung berücksichtigt und eine Prognose fürs Geschäft beinhaltet. Die Plausibilität der Daten muss von einem Steuerberater bestätigt sein.

Sofern der Arbeitgeber eine arbeitsplatzbezogene Weiterbildung anbietet, muss der Arbeitnehmer sie annehmen. Einen Großteil der Finanzierung von Fortbildungen übernimmt das AMS. Lohnvorrückungen schlagen sich in höherem Kurzarbeitsentgelt nieder, wie Anna Daimler von der Dienstleistungsgewerkschaft Vida sagt.

Fazit: Ein staatlich finanziertes Modell, um einen Teil des Anstieges der Arbeitslosigkeit abzufangen, steht.

Qualifizierungsoffensive

Nur langsam auf Schiene kommt die Qualifizierungsoffensive der Regierung. Im Sommer wurde im Ministerrat fixiert, 100.000 Menschen zusätzlich über eine Arbeitsstiftung in Ausbildungsprogramme zu schicken. Das senkt die Arbeitslosigkeit nicht sofort, soll aber als nachhaltige Maßnahme einen Impuls geben.

Seit dem Grundsatzbeschluss passierte längere Zeit nichts. Der Nebel fängt sich nun an zu lichten.

Fix ist, dass es keine Arbeitsstiftung geben wird, sondern das AMS ein Qualifizierungsangebot ausweitet. Genaue Vorgaben dazu, wie das geschehen soll, gibt es von der Regierung nicht. Das AMS hat mit der Erarbeitung des Konzepts begonnen. AMS-Chef Johannes Kopf spricht von einem "ambitionierten" Projekt. Die 100.000 zusätzlich Qualifizierten sollen über zwei Jahre erreicht werden, es stehen laut seinen Angaben dem AMS 700 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. 450 Millionen für 2021 und 250 Millionen für 2022. Das AMS-Budget für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen liegt heuer bei 1,24 Milliarden Euro, die Aufstockung ist kräftig.

Entschärft wurde der Konflikt ums AMS-Personal. 250 Planstellen darf das AMS ausschreiben. 150 kommen dazu, weil Einsparungen abgesagt sind.
Foto: APA/Gindl

Dass nun erst das AMS mit seinen Länderorganisationen und regionalen Geschäftsstellen ausarbeiten muss, was gefördert wird, findet Kopf sinnvoll. In diesen Prozess können sich Arbeitgeber wie Arbeitnehmer einbringen, sagt er. So sei sichergestellt, dass nicht Maßnahmen an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei konzipiert werden. Mitte Oktober soll das Konzept stehen. Ein Teil des AMS-Angebots wird zudem laufend aufgestockt.

Die Maßnahme hat Potenzial. Schwierig wird sein, genügend Menschen für Angebote zu finden. Unter anderen, weil Betroffene während einer Ausbildung beim AMS nur das Arbeitslosengeld zusteht, das ist oft eine große praktische Hürde. Für Arbeitssuchende wird nun daher ein Ausbildungsbonus fixiert.

Beschäftigungsprogramme

Ein Nein der Regierung, genauer gesagt der ÖVP, kommt zu großen staatlichen Beschäftigungsprogrammen. Regierungsvertreter untermauerten diese Haltung bei einem Gespräch mit den Spitzen der Sozialpartner am Dienstag in Wien. Dabei ist die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen, also der Menschen, die seit über einen Jahr nichts finden, auf über 120.000 Betroffene gestiegen. Das sind um 24.000 Menschen mehr als vor der Corona-Krise. Jeder vierte Suchende ist schon langzeitarbeitslos. In vielen Fällen werden hier nur Maßnahmen am zweiten und dritten Arbeitsmarkt, also geförderte Jobs, soziale Stabilisierung und vielleicht neue Perspektiven bringen.

Arbeitszeitverkürzung

Strittig ist, ob eine Arbeitszeitverkürzung gegen die Jobkrise hilft. Potenzial hätte sie, wenn es gelingen würde, Arbeit neu zu verteilen. Gewerkschaft und Arbeiterkammer fordern das. Wirtschaftskammerboss Harald Mahrer ist strikt dagegen, nannte dies beim Gespräch zum Arbeitsmarkt am Dienstag Retrokonzepte. Die Grünen sind ebenfalls dafür, von der ÖVP kam aber ein klares Nein.

AMS-Personal

Entschärft wurde der Konflikt ums AMS-Personal. Das AMS hatte 650 neue Planstellen gefordert, um das Vorkrisenniveau bei der Betreuung von Arbeitslosen zu halten. AMS-Betriebsratchef Heinz Rammel hatte die Belegschaft über einen Streik abstimmen lassen, bekam grünes Licht. Nun ist der Streik "sistiert", sagt Rammel. Das Arbeitsministerium gab grünes Licht: 250 Planstellen darf das AMS ausschreiben. 150 kommen dazu, weil Einsparungen abgesagt sind. 100 Personen kann das AMS als Leihpersonal von der Buchhaltungsagentur des Bundes behalten. (András Szigetvari, 16.9.2020)