Villard-de-Lans – Der Deutsche Lennard Kämna hat am Dienstag als Stärkster einer großen Fluchtgruppe den 16. Abschnitt der Tour de France von La Tour-du-Pin nach Villard-de-Lans (164 km) gewonnen. Die bei der Frankreich-Radrundfahrt bisher dominanten Slowenen Primoz Roglic und Tadej Pogacar ließen vor der Königsetappe den im Gesamtklassement ungefährlichen Ausreißern den Vortritt.

Streckt den Zeigefinger in die Höhe: Etappensieger Lennard Kämna.
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Das nächste Teilstück am Mittwoch führt über 170 km von Grenoble und den Col de la Madeleine zur Bergankunft am Col de la Loze auf 2.300 m Seehöhe. Diese Etappe mit zwei sehr langen Anstiegen dürfte für eine weitere Selektion im Spitzenfeld sorgen.

"Ich kann versichern, dass es höllisch wird", sagte Tourchef Christian Prudhomme mit Blick auf den mörderischen Schlussanstieg auf den 2304 m hohen Col de la Loze, wo es zum nächsten Showdown zwischen Roglic und Pogacar kommen dürfte. Ersterer hat vor diesem Härtetest unverändert 40 Sekunden Vorsprung auf Pogacar, der am Dienstag im letzten Anstieg eine kurze, aber erfolglose Attacke lancierte. Dritter ist weiterhin der Kolumbianer Rigoberto Uran (+ 1:34 Min.).

16 Minuten vor Peloton

Kämna sicherte sich indes vier Tage nach dem in Le Puy Mary als Zweiter knapp verpassten Sieg seinen größten Erfolg. Der 24-jährige Bora-Teamkollege der Österreicher Felix Großschartner und Lukas Pöstlberger hatte sich im letzten langen Anstieg von seinen letzten Begleitern abgesetzt und verteidigte seine Führung auf dem folgenden Hochplateau und dem Schlussanstieg in den Zielort.

"Ich fühle mich großartig. Es ist ein wunderbarer Tag für mich, das bedeutet mir so viel", sagte der 24-Jährige: "Es war von Beginn ein Kampf, ich musste es solo zu Ende fahren. Am Ende bin ich All-in gegangen." Nur vier Tage nach seinem unglücklichen zweiten Platz am Puy Mary belohnte sich der unermüdliche Kämpfer für seinen Riesen-Aufwand und sorgte in seinem gebeutelten Team für ein Freudenfest. "Es ist auch für das Team eine große Erleichterung, es hat so hart gearbeitet", sagte Kämna.

Der auch schon beim Dauphine-Kriterium erfolgreiche Deutsche setzte sich eineinhalb Minuten vor Giro-Gewinner Richard Carapaz (Ineos) durch. Etappendritter wurde der Schweizer Sebastien Reichenbach (Groupama). Die Topstars um Roglic erreichten erst über 16 Minuten später das Ziel.

Kein Coronachaos

Tour-Boss Prudhomme durfte am Dienstag nach überstandener Coronainfektion wieder seinen Arbeitsplatz im Führungsfahrzeug einnehmen. Der 59-Jährige war am ersten Ruhetag positiv getestet worden und hatte sich in Quarantäne begeben, ein weiterer Test fiel nun negativ aus – so wie bei allen Fahrern und Teammitgliedern, die am zweiten Ruhetag turnusmäßig gecheckt wurden.

Nachdem in der Vorwoche neben Prudhomme Betreuer aus vier Teams positiv getestet worden waren, rollte das Feld somit ohne weitere Infektions-Ausfälle weiter Richtung Paris, das befürchtete Coronachaos ist trotz hoher Fallzahlen in Frankreich ausgeblieben. Bei zwei Fällen wäre ein Team ausgeschlossen worden – entsprechend groß war die Erleichterung vor allem im Roglic- und Pogacar-Lager. (APA, sid, 15.9.2020)