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Idealerweise schlagen Kisterllieferanten die Brücke zwischen nachhaltig arbeitenden Produzenten und der Nachfrage in Wien.

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Das Schöne an der Onlinebestellung ist ja: Man belohnt sich immer auch ein wenig selbst. Allein schon dadurch, dass man ein Paket vor die Türe gestellt bekommt – das fühlt sich fast so an wie Weihnachten.

Noch besser ist es natürlich, wenn dann auch der Inhalt Glücksgefühle auslöst. Wie etwa bei den Lebensmittelkisterln, die man per Klick bestellen und mit denen man sich Biogemüse, Bioobst, Fisch oder Fleisch quasi direkt vom Bauern liefern lassen kann. Inzwischen decken viele Kisterllieferanten den gesamten Haushaltsbedarf ab.

Kisterlwahrnehmung

Ob Kirschen oder Zahnpasta – viele Kisterlanbieter decken mit ihren Lieferungen den gesamten Haushaltsbedarf ab.
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Mit Corona wurde aus einer netten Idee – der Direktverkauf von regionalem und nachhaltigem Obst und Gemüse – mit einem Schlag ein Überlebenskit für tausende Haushalte, die sich so den Weg in den Supermarkt sparten.

Theresa Imre, Gründerin des Onlinebauernmarktes Markta, sagt: "Wir sind mit Corona um das 20-Fache gewachsen. Von 120 Bestellungen auf knapp 2.500 pro Woche. Wir haben die logistische Herausforderung gestemmt und konnten so Hunderten unserer Kleinproduzenten den Umsatz retten", sagt Imre. Ihr Start-up-Projekt, das erst seit 2018 besteht, blühte dank Corona auf. "Käse für 15.000 Euro – das ist für die Produzenten wie Weihnachten", beschreibt Imre ihre Festtagsgefühle. Einige Monate nach dem Lockdown sind dem Onlinemarktplatz etwa 60 Prozent der Neukunden geblieben. Ein bisschen wollte die 30-jährige Unternehmerin schon als Kind die Wirtschaft verändern. Dass sie mit ihrem neuen Vertriebskonzept zumindest bei den Mittelgroßen am Markt so schnell mitmischen kann, hätte sie nicht gedacht.

"Ich komme aus Stainz in der Steiermark. Das Obst und Gemüse der guten Landwirte habe ich schon immer geliebt. Die wirtschaftliche Planung passiert allerdings am Raiffeisenkalender", sagt Imre. Dort steht der Ballungsraum Wien nicht drin. Deshalb übernahm Markta selbst die Planung und bringt die Produkte kleiner Produzenten bis vor die Türe. Was einfach klingt, ist logistisch eine Herausforderung.

Zwetschkenzeit – im Kistl sind häufig saisonale und regionale Produkte.
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Enkeltauglich

In manchen Dingen ähnlich erging es Gerhard Zoubek, als er im Jahr 1997 mit seiner Gattin Sigrid den Hof der Schwiegereltern in Glinzendorf übernahm. Biologisch wollten sie arbeiten – enkeltauglich, wie Zoubek es nennt. Bald erkannten sie: Da wohnt eine Millionenkundschaft fast vor der Haustüre. Und so wurden 2.000 die ersten 60 Adamah-Kisterl gepackt und nach Wien gefahren. Heute führt Adamah 2.500 Produkte, vom Apfel bis zur Zahnpasta.

Mit dem Lockdown ist der Umsatz des Biokistlpioniers um 50 Prozent gewachsen. Inzwischen habe sich die Bestellquote wieder normalisiert. "Etwa 1.500 der Neukunden durch Corona sind geblieben", verrät der Adamah-Gründer. Das macht aktuell um die 12.500 Kisterln die Woche. Fertige Rezeptkisterln seien dabei immer beliebter. Das unterschreibt auch Markta-Gründerin Imre: "Es muss so unkompliziert wie möglich sein. Das funktioniert."

Wobei nur "leicht" nicht reicht, wie sich bald zeigen sollte. Durch die Gespräche auf den Geschmack gekommen, wagte die STANDARD-Redaktion den Selbstversuch und gab ein paar Bestellungen ab. Markta lieferte ein Frühstück mit Bauernbutter, Brot, Bioeiern, Milch und Käse. In Adamahs individuell zusammengestelltem Kisterl fanden sich Gemüse für Ratatouille sowie Joghurt und Pfirsiche zum Nachtisch.

Keine echte Freude

Unkompliziert verlief auch die erste Hello-Fresh-Bestellung. Auch die Beschreibungen der Kochschritte auf den Rezeptkartons waren gut nachzuvollziehen. Und in jeder zweiten Zeile wurde versichert, wie nachhaltig sie seien. Dennoch wollte keine echte Kisterlfreude aufkommen. Lag es daran, dass Hello Fresh als deutsches Unternehmen naturgemäß keine österreichischen Produkte verschickt? Oder am Beigeschmack, den das fesche Pickerl mit "100 Prozent Simmentaler" hinterlässt? Das ist doch die Kuhrasse und sagt nichts über Herkunft und Leben des Tieres aus. Und wenn man nicht mehr beliefert werden will, wird es plötzlich kompliziert. In den Geschäftsbedingungen steht, dass sie erst aufhören, wenn man sie darum bittet. Endlich trudelte die E-Mail mit den Worten ein: "Schade, dass du nicht mehr mit uns kochen magst." Aber warten wir den nächsten Hello-Fresh-Liefertag ab. (Nina Wessely, 17.9.2020)