Barockes Amtsverständnis? Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) will mit manchen Bürgeranfragen jedenfalls nicht konfrontiert werden.

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Was geschieht, wenn ein Mitarbeiter eines städtischen Seniorenheims bei seinem zuständigen Bürgermeister per Mail nachfragt, ob es denn angesichts der vielen "Helden"-Meldungen in den Medien in Sachen Corona-Krise auch für die städtischen Heimmitarbeiter eine Bonuszahlung gebe, so wie bei anderen Einrichtungen auch? In Salzburg wird der Mann ob der Ungehörigkeit der Anfrage gerügt, und es wird ihm in barschem Ton mitgeteilt: Er möge den Herren Bürgermeister nicht mit "sehr geehrter Herr Preuner" anschreiben, da gehöre das Wort "Bürgermeister" vor den Namen.

Und weiter: Es seien ohnehin "Überlegungen im Laufen, in gewissen Bereichen Prämien zu zahlen, die Seniorenheime gehören zu diesen Bereichen. Sie werden (...) zeitgerecht davon erfahren, ohne zwischenzeitlich am Hungertuch nagen zu müssen."

Für Empörung sorgt aber vor allem der Schlusssatz des Mailverkehrs, der mehreren österreichischen Zeitungsredaktionen zugegangen ist: "Und siebtens darf ich Sie ersuchen, den Herrn Bürgermeister mit derartigen Schreiben (dazu zähle ich Stil und Inhalt gleichermaßen) hinkünftig nicht mehr zu behelligen."

Schrecksekunde – Proteste

Nach Bekanntwerden der Mail dauerte es am Dienstag ein ganze Weile, bis sich Journalisten und Parteien von der Schrecksekunde erholt hatten und klar wurde, dass die Mail keine Fälschung ist. Die Proteste kamen dann umgehend. Der Chefredakteur des "Falter", Florian Klenk, mokierte sich über den "Untertanenstaat". Den parteipolitischen Anfang machte dann KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl: "Das barocke Schloss färbt offenbar ab. Preuner ist kein Meister und kein Adeliger von Gottes Gnaden, sondern ein Bürger, der gewählt wurde." Er solle sich entschuldigen.

Auch die FPÖ spricht von einer inakzeptablen Mail, und Neos-Chef Lukas Rößlhuber sagt: "Eine solch aggressive Korrespondenz im Namen der Stadt ist keinesfalls tragbar: Ich fordere hiermit den Herrn Bürgermeister Harald Preuner auf, für Ordnung im Amt zu sorgen. Sein Büroleiter muss auf eine Stelle versetzt werden."

Preuners rechte Hand: Bernd Huber

Der von den Neos angesprochene Büroleiter heißt Bernd Huber und ist auch Verfasser der besagten Mail. Er gilt seit Jahrzehnten als rechte Hand Preuners. Und das im doppelten Sinn des Wortes. Huber geriet wiederholt in die Schlagzeilen, etwa weil er über den 2010 verstorbenen NS-Kampfflieger und NS-Anwalt Hajo Herrmann im Mitteilungsblatt des Salzburger Kameradschaftsbundes, "Kameradschaft aktiv", eine ausführliche Würdigung verfasste. Erst nach massiven Protesten sprach Huber von "einem Fehler".

Bernd Huber hat es auch schon einmal in die "Zeit im Bild" geschafft: 2001 war er anlässlich eines Vortrags des rechtsradikalen russischen Geschichtsrevisionisten Viktor Suworow in eine Schlägerei verwickelt, als Studierende den Vortrag des Geschichtsfälschers Suworow verhindern wollten. Pikant dabei: Huber prügelte aufseiten der Rechten in Bundesheer-Offiziersuniform.

Preuner: "Den Buckel runterrutschen"

Preuner selbst denkt übrigens gar nicht daran, sich von seinem Büroleiter zu distanzieren oder sich zu entschuldigen, im Gegenteil. Im Lokalteil der "Salzburger Nachrichten" legt er explizit nach und verteidigt seinen Büroleiter mit den Worten, er trage das mit. Und in Richtung "Falter"-Chefredakteur Klenk verwendet Preuner laut "SN" die milde Form des Götz-Zitats: "Er soll mir den Buckel runterrutschen."

Entschuldigung nach Medien-Berichterstattung

Bernd Huber hat nach der Berichterstattung über den Mailverkehr Mittwochmittag den Redaktionen einen Entschuldigung übermittelt: "In Hinblick auf die aktuell laufende Diskussion bzw. mediale Berichterstattung um ein dienstliches E-Mail, das von mir an einen Mitarbeiter der Stadt Salzburg gerichtet wurde, möchte ich ausdrücklich festhalten, dass ich mich für die Tonalität des Schreibens entschuldige. Auch wenn diese dem Druck der Umstände im Zuge der umzusetzenden Maßnahmen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie geschuldet sein mochte, bedaure ich dies ausdrücklich und werde dem betroffenen Kollegen ein klärendes Gespräch anbieten. In künftigen dienstlichen Schreiben werde ich jedenfalls auf Tonlität und gebührenden Respekt achten.

Einen Respekt, den ich allerdings in den zahlreich an mich persönlichen ergangenen Schreiben zutiefst und schmerzlich vermisse, reichen diese doch von unflätigen Beschimpfungen bis hin zu indirekten Aufforderungen zum Suizid. Ich appelliere diesbezüglich an die "Community" zu einem respektvolleren Umgang zurückzukehren, den – wenn schon nicht ich – wenigstens meine Familie verdient hätte." (Thomas Neuhold, 16.9.2020)