Wien – Ganz wohl ist Jovana Lazic nicht, als sie am Mittwoch im Austria-Center zur Einführungsvorlesung in Betriebswirtschaftslehre möchte. Aber nicht die Lehrveranstaltung selbst bereitet ihr Kopfzerbrechen, sondern der Antigentest, der zuvor durchgeführt wird. "Ich hab ur Angst", ruft die 19-Jährige ihrer Freundin zu, die in einer anderen Schlange steht.

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Anonymer Test

Am Mittwoch und Donnerstag werden insgesamt 3.000 Studierende der WU Wien auf Sars-CoV-2 getestet – und zwar schnell: Der Antigentest soll binnen einer Viertelstunde ein Ergebnis liefern. Die Testabgabe erfolgt anonym, die Kosten für das Projekt übernimmt größtenteils das Kongresszentrum, die WU beteiligt sich. 14,90 Euro netto koste der Antigentest, dann komme noch das Personal dazu, heißt es vom Austria-Center, das mit 24 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 26.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum ist.

Schon aus der Ferne ist erkennbar, dass am Dienstag kein Normalbetrieb herrscht. Alle 30 Sekunden ist ein Gong zu hören – das Signal für die Studierenden in den Schlange, bis zur nächsten Bodenmarkierung vorzurücken. Außerdem fällt sofort das medizinische Personal in Schutzanzügen auf, das in mehreren Teststraßen die Rachenabstriche nimmt.

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Würgen und Warten

Angenehm ist das nicht, das findet auch Alisha Rizvi. "Ich hätte fast gewürgt", ruft sie Freundin Lazic zu und lacht.

Bei der nächsten Station wartet ein Mitarbeiter des Austria-Centers. Er gibt das Stäbchen in einen kleinen Behälter mit Flüssigkeit und erklärt die weitere Vorgangsweise: "Bitte bei jedem Gong bis zur nächsten Markierung am Boden vorgehen. Fünf Gongs sollten es sein bis zur nächsten Mitarbeiterin."

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Dort angekommen, kann das Stäbchen entsorgt und zwei Tropfen der Flüssigkeit auf eine Testkassette getropft werden. "Wenn später ein Strich zu sehen ist, ist der Test negativ. Sind es zwei Striche – bitte sofort melden", sagt die Frau.

Zweieinhalb Minuten später ist ein blauer Strich zu erkennen, das wird durch einen weiteren Mitarbeiter nochmals kontrolliert. Negativ – das Eintrittsticket in die Vorlesung.

Unterschied zum PCR-Test

Der Antigentest basiert auf einer anderen Technologie als der PCR-Test und liefert die Ergebnisse schneller als die bisherigen Verfahren, die ein Labor benötigen. Das Ergebnis steht binnen maximal 30 Minuten zur Verfügung. Für den privaten Bereich eignet sich der Test aber nicht: Bei einer positiven Testung müssen die Gesundheitsbehörden verständigt werden, bei einer privaten Nutzung wäre dieser Umstand nicht garantiert.

Auch Alisha Rizvi und Jovana Lazic sind negativ, ihnen falle ein Stein vom Herzen. "Ich habe bis jetzt keinen Test gemacht, deswegen fand ich das cool", sagt Rizvi. Auch Lazic hält die Testungen vor der Vorlesung für eine gute Idee. Von 1300 Testungen am Mittwoch waren laut Arbeiter Samariter Bund, der das medizinische Personal für die Abstriche stellt, nur drei Tests positiv.

Hoffnung für Kongresszentrum

Für das Austria-Center ist der Durchlauf mit Studierenden ein wichtiger Test, wurde die Kongress- und Veranstaltungsbranche durch Corona doch hart getroffen. In den vergangenen Monaten wurden allein im Austria-Center Vienna rund 50 Veranstaltungen verschoben oder abgesagt. Die Tagungswirtschaft verliere österreichweit monatlich 100 Millionen Euro, hieß es bei der Pressekonferenz. "Mit dem Schnelltest-Pilotprojekt möchten wir dazu beitragen, dass künftig Veranstaltungen in Wien mit einem höchstmöglichen Sicherheitsstandard stattfinden können", sagt Susanne Baumann-Söllner, Direktorin des Austria-Centers.

WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger ist ebenfalls froh über die Zusammenarbeit. "Für uns ist das auch eine empirische Grundlage zur weiteren Analyse", sagt sie. "Auf eine Teststrategie für Unis wird ja gerne vergessen. Aber auch die braucht es eigentlich." (Lara Hagen, Julia Palmai, 16.9.2020)