Zwei Seiten eines Sterns: links im Bild die Sonne während der aktivsten Phase des letzten Zyklus 2014, rechts während des Aktivitätsminimums Ende 2019.

Foto: Nasa/SOD

Corona-mäßig tut sich auf der Sonne derzeit nicht besonders viel, doch das wird sich demnächst ändern. Mit dem Infektionsgeschehen, das uns auf der Erde weiterhin auf Trab hält, hat das natürlich nichts zu tun: Corona, eingedeutscht Korona, wird auch die äußere Hülle der Sonne genannt, die in Zeiten hoher Aktivität spektakuläre Veränderungen durchmacht. Und das ist in den nächsten Jahren wieder vermehrt zu erwarten. Denn wie Wissenschafter nun offiziell bestätigten, hat ein neuer Sonnenzyklus begonnen – unser Stern befindet sich wieder in eine Phase zunehmender Aktivität.

Verlässlich unberechenbar

Die Prozesse auf der Sonne lassen sich als Mischung aus Verlässlichkeit und Unberechenbarkeit beschreiben. So wechseln sich Phasen hoher und niedriger Aktivität des Sterns in einem erstaunlich regelmäßigen Rhythmus von etwa elf Jahren ab, Forscher sprechen dabei von Sonnenzyklen.

Ein Maß für die Aktivität der Sonne ist die Anzahl der dunklen Sonnenflecken, die sich auf ihrer Oberfläche zeigen. Treten diese Flecken auf, wird es turbulent: Bögen aus heißem Plasma ragen bis in die Korona, Teilchen und Strahlung werden in heftigen Eruptionen ins All geschleudert und führen zu sogenannten Sonnenstürmen. Das kann auch auf der Erde Konsequenzen haben, das Ausmaß dieser Phänomene lässt sich aber nicht vorhersagen.

Wie das internationale Expertengremium Solar Cycle 25 Prediction Panel diese Woche bekanntgab, befinden wir uns aktuell am Beginn eines neuen Sonnenzyklus: Im Dezember 2019 wurde das Aktivitätsminimum des letzten Zyklus durchschritten, jetzt wird es wieder turbulenter auf unserem Stern. Die Prognosen lassen aber erwarten, dass die Sonne in der neuen Phase "ähnlich schlapp" bleiben dürfte wie im vergangenen Zyklus, sagt Robert Cameron vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen, der dem von der US-Weltraumbehörde Nasa einberufenen Gremium angehört. Der letzte Sonnenzyklus war der schwächste der jüngeren Vergangenheit.

Solares Förderband

"Unsere Prognose basiert auf detaillierten Beobachtungen der Sonnenpole in den vergangenen Jahren", erklärt Cameron, der gemeinsam mit Kollegen erst vor wenigen Monaten neue Details über die Vorgänge rund um die regelmäßigen Aktivitätsschwankungen klären konnte. Eine Schicht aus heißem Plasma reicht von der Sonnenoberfläche bis 200.000 Kilometer in die Tiefe und ist dort ständig in Bewegung. Wie Cameron und Kollegen in "Science" berichteten, beschreibt dieses elektrisch leitfähige Teilchengemisch in jeder Sonnenhemisphäre einen einzigen Umlauf – und wirkt dabei wie ein gewaltiges Förderband: Die Nord-Süd-gerichteten Plasmaströme reißen lokale Magnetfelder mit, die sich in Äquatornähe gebildet haben. "Jeder Umlauf dauert etwa elf Jahre und ist die physikalische Grundlage des Sonnenzyklus", so Cameron.

Was ist nun vom aktuellen Sonnenzyklus zu erwarten? Die Prognose, dass die Sonne auch auf dem Höhepunkt ihrer Aktivität zwischen November 2024 und März 2026 vergleichsweise schwach bleiben wird, ist erfreulich. Denn grundsätzlich ist unser Planet durch seine Atmosphäre und das Erdmagnetfeld zwar weitgehend vor Sonnenstürmen geschützt. Abgesehen von schönen Erscheinungen – den Polarlichtern – können starke solare Teilchenströme aber negative Auswirkungen auf Satelliten im Erdorbit, GPS-Kommunikation oder auch Stromnetze haben. Astronauten sind bei starken Sonnenstürmen höheren Strahlendosen ausgesetzt, auch im Inneren von Raumfahrzeugen.

Stellare Schlafmütze

Starke Sonnenstürme können zwar im Prinzip jederzeit auftreten, sagt Cameron. "Die größte Wahrscheinlichkeit ist aber rund um das Aktivitätsmaximum und in der Phase abnehmender Aktivität." Die Chancen stehen im Fall des Falles aber gut, dass sich der Teilchenstrom einer gewaltigen Sonneneruption nicht genau in Richtung der Erde bewegt.

Dass wir in Sachen solarer Sicherheit froh mit unserem Stern sein können, zeigte erst kürzlich der Vergleich mit 369 ähnlichen Sternen, den Forscher am MPI für Sonnensystemforschung durchführten: Unser Gestirn zählte zu den inaktivsten – zumindest derzeit. (David Rennert, 17.9.2020)