Ein Kritiker des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow (Bild) ist am Mittwoch in Kapfenberg festgenommen worden.

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Kapfenberg – Der auf Youtube zu Bekanntheit gelangte Kritiker des russischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow, Murad A., ist am Mittwoch im obersteirischen Kapfenberg in seiner Wohnung festgenommen worden. Der 39-Jährige, auf den offenbar wegen seiner kritischen Äußerungen ein Kopfgeld ausgesetzt ist, soll illegal Waffen besessen haben, sagte die Polizei der APA.

Kritik und Kopfgeld

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hatte seit geraumer Zeit gegen den gebürtigen Tschetschenen ermittelt, der in der Vergangenheit immer wieder durch regimekritische Videos im Internet auffällig geworden sei. Seit Dezember 2019 ist er auf Youtube als "Murad WIEN" vor allem unter den tschetschenischen Landsleuten bekannt geworden und gelangte so auch in den im Fokus des Verfassungsschutzes. Murad A. soll immer wieder massiv kritisierende und grob beleidigende Videos gegen das Regime der russischen Teilrepublik Tschetschenien und deren Präsidenten veröffentlicht haben.

Wegen der Gefahr, in der er sich deswegen begab, stand er zuletzt auch unter polizeilichem Schutz. Außerdem soll nach Informationen des LVT bereits ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt worden sein. Während das Gebäude, in dem er wohnte, bewacht wurde, ermittelten die Behörden gegen ihn wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes.

Festnahme am Mittwochnachmittag

Als sich der Verdacht erhärtet hatte, wurde der einschlägig Vorbestrafte Mittwochnachmittag von LVT-Beamten auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in seiner Wohnung in einem Mehrparteienhaus in Kapfenberg festgenommen. Bei ihm wurden trotz Verbots eine Waffe sowie Munition sichergestellt. Einsatzkräfte des Einsatzkommandos Cobra sicherten die Beamten des LVT bei der Festnahme und brachten den Mann in eine Justizanstalt.

Die Landespolizeidirektion Steiermark betonte, dass es für Nachbarn und Anrainer "keinen Grund zur Beunruhigung" gebe. Es bestehe keine Gefahr.

Rückblick

Erst im Juli war der gebürtige Tschetschene Martin B., der ebenfalls öffentlich gegen Kadyrow aufgetreten war, in Wien mit einem Kopfschuss getötet worden. Damals gab es rasch nach der Tat den Verdacht, dass es sich möglicherweise um einen Auftragsmord mit politischem Hintergrund gehandelt haben könnte. Auch auf Martin B. war ein Kopfgeld ausgesetzt. Der Mord im Juli wiederum weckte Erinnerungen an den Fall Israilov: Der aus seiner tschetschenischen Heimat geflüchtete Asylwerber Umar Israilov war am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossen worden. Auch er hatte sich öffentlich kritisch gegenüber Präsident Kadyrow geäußert. (APA, 16.9.2020)