Die Regierung ist über die steigenden Infektionszahlen besorgt. Um die Kontakte zu reduzieren, wird vielerorts nun eine Zehn-Personen-Grenze gelten. In Lokalen gilt Maskenpflicht – nur nicht am Sitzplatz.

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Wien – Ampel hin oder her, die Corona-Regeln werden bundesweit weiter verschärft. Grund dafür sei laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass die Infektionszahlen mittlerweile exponentiell ansteigen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach davon, dass man derzeit an einem Scheideweg stehe: Würde man nicht nachschärfen, wären bald bis zu 1.500 Neuinfektionen täglich möglich.

Ab Montag, null Uhr sollen also folgende neue Regeln gelten:

  • Zehn-Personen-Grenze Bei allen privaten Veranstaltungen in Innenbereichen – mit Ausnahme von Begräbnissen – sind nur noch zehn Personen (inklusive Kindern) erlaubt. Dazu zählt etwa ein Yoga-Kurs genauso wie der Stammtisch. Nicht betroffen sind Fitnessstudios und Gottesdienste. Und auch der private Bereich – die eigenen vier Wände – ist nicht betroffen, das wäre nicht mit der Verfassung vereinbar. Dort gelte aber die Empfehlung, nicht mehr Leute einzuladen, sagte Kurz.
  • Gastronomie Auch in der Gastronomie dürfen nur noch zehn Personen am Tisch sitzen, außerdem ist überall, "wo man ien Bewegung ist", ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Speisen und Getränke dürfen nur am Sitzplatz konsumiert werden. Für geschlossene Veranstaltungen gilt künftig ebenfalls die Sperrstunde um ein Uhr. Die waren davon bisher ausgenommen, was zu exzessiven und umstrittenen Feiern in offiziell geschlossenen Bars und Clubs geführt hat. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte dazu Schwerpunktkontrollen an.
  • Maskenpflicht Die ohnehin bereits breite Maskenpflicht wird weiter ausgeweitet. So sind künftig auch Märkte und Messen davon betroffen, dazu eben Gäste in der Gastronomie.

Für den Sport- und Kulturbereich bleibt es bei den bisherigen Regeln: Sofern es ein Sicherheitskonzept und fixe Sitzplätze gibt, sind im Innenbereich bis zu 1.500 und draußen bis zu 3.000 Personen erlaubt.

Fertig ist die entsprechende Verordnung freilich noch nicht, das Gesundheitsministerium kündigte allerdings an, diese "zeitnah" zu präsentieren. Wer sich nicht an die neuen Vorschriften hält, muss mit empfindlichen Strafen rechnen: Bei Missachtung der Zehn-Personen-Regel in Innenräumen kann die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anzeige der Polizei eine Strafe von bis zu 1.450 Euro festlegen. Grundlage ist hier das Epidemiegesetz.

Deutlich teurer wird es in der Gastronomie, in diesem Fall auf Grundlage des Covid-19-Maßnahmengesetzes. Der Strafrahmen der Bezirksverwaltungsbehörde beträgt hier für Gäste, etwa bei Nichteinhalten der Sperrstunde, bis zu 3.600 Euro. Für Gastronomen, die sich nicht an die Maßnahmen halten, gilt sogar ein Strafrahmen von bis zu 30.000 Euro.

Mehr Möglichkeiten für die Länder, Gastro und Heiratsbranche verschnupft

Anschober kündigte außerdem an, dass man im neuen Covid-Gesetz, das derzeit in Begutachtung ist, den Ländern die Möglichkeit geben werde, strengere Regeln zu setzen, als bundesweit gelten – das wurde zuletzt etwa von Wien gefordert.

Wie fallen die Reaktionen in den betroffenen Branchen aus? Berndt Querfeld, der mit seiner Familie unter anderem das Traditionscafé Landtmann in der Wiener Innenstadt oder das Bootshaus an der Alten Donau führt, ist jedenfalls nicht überrascht. Das Problem sei für ihn weniger die Beschränkung der Personenzahl: "Die Nachfrage nach privaten Feiern ist einfach nicht da momentan, solche Gruppengrößen haben wir kaum", sagt der Gastronom. Schon nach der letzten Ampelfärbung auf Orange habe man sofort Stornierungen bemerkt, sagt Querfeld. "Die Planungsunsicherheit ist ein Problem", und die sei natürlich da, wenn jede Woche wieder Verschärfungen kommuniziert werden.

Auch der Hochzeitsmarkt ist von den neuen Maßnahmen hart getroffen: "Es haben sehr, sehr viele Paare auf den Herbst und Winter verschoben", sagt die Wiener Hochzeitsplanerin Bianca Lehrner. Aus gesundheitlicher Sicht sei es zwar verständlich, aber für viele Paare dennoch bitter. "Vor allem für jene, die rückblickend im Sommer sogar hätten heiraten können. Jetzt werden sie zum zweiten Mal enttäuscht." Bis Ende Oktober hätte Lehrner mit ihrer Agentur jedes Wochenende mehrere Hochzeiten betreut.

Wien rüstet sich für die Wahl, Gerüchte um Verschiebung

Am Donnerstag trat zudem die Corona-Ampel-Kommission zur wöchentlichen Sitzung zusammen. Obwohl Anschober eben erst erklärte, die vierstufige Risikoskala solle nicht ständig geändert werden, stand diese erneut zur Diskussion. Vorab wurden einige Umfärbungen erwartet.

Gerüchten zufolge soll Wien vor dem nächsten Lockdown stehen, heißt es weniger als einen Monat vor der Wien-Wahl am 11. Oktober. Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) weist man diese Gerüchte jedoch zurück. Man habe noch ausreichende Kapazitäten in den Spitälern, sowohl normale wie auch Intensivbetten – und das im Vollbetrieb der Krankenhäuser. Würde man elektive Eingriffe verschieben, könne man 1.000 zusätzliche Intensivbetten bereitstellen. Bürgermeister Michael Ludwig teilt diese Ansicht: Dass die Wahl verschoben werden könnte, schließt er aus. "Das wäre auch ein sehr umfassender Eingriff ins demokratische System", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Dazu müsste die Stadtverfassung geändert werden. Wien habe alle Maßnahmen gesetzt, um eine "sichere Wahl durchführen zu können", betonte der Stadtchef.

Wie genau, will man Anfang nächster Woche kommunizieren, heißt es aus dem Büro des zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Bekannt ist, dass auf zu kleine Wahllokale verzichtet wird und Ordnerdienste aufgestockt werden. Zudem habe man "umgesprengelt": Wahllokale, die sich in Krankenanstalten oder Pensionistenwohnhäusern befinden, werden nicht mehr für externe Wähler, sondern nur noch für die Bewohner geöffnet. All jene, die am 11. Oktober wählen gehen, werden aufgerufen, einen Stift und einen Mund-Nasen-Schutz mitzubringen. Dass Wahlbeisitzer vor der Wahl getestet werden, wollte die Stadt am Donnerstag noch nicht bestätigen. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, 17.9.2020)