Schach ist längst als Bastion gefallen, und auch in Go, Starcraft und Dota haben die Maschinen bereits die Herrschaft an sich gerissen oder stellen die menschliche Dominanz zusehends infrage. Es sind aber nicht nur Strategiespiele, in denen selbstlernende Systeme sich an die Ablöse des Menschen machen. Auch Racing-Games sind vor ihnen nicht sicher.

Forscher von Sony und der Universität Zürich haben nun ein neurales Netzwerk auf das Playstation-exklusive Gran Turismo Sport losgelassen. Und das Ergebnis kann durchaus beeindrucken. Nach nur 73 Stunden an Trainingsstunden – parallel auf vier Konsolen und einem PC – lässt die schlaue Software selbst Pro-Gamer hinter sich, berichtet "Tech Xplore".

Aggressiver Fahrstil

Als Ziel wurde der KI vorgegeben, eine möglichst kurze Rundenzeit zu erzielen, wobei die Inputs in Steuersignale eines Controllers übersetzt wurden. Der Lernvorgang erfolgte ohne menschlicher Intervention.

UZH Robotics and Perception Group

Ein Video zeigt den Zugang und den Fahrstil der Künstlichen Intelligenz. Sie fährt eine aggressive Ideallinie und hat sich beigebracht, den Radius der zu fahrenden Kurven zu maximieren, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu halten, was deutlich schneller ist, als Kurven in langsamerer Geschwindigkeit zu schneiden und dann wieder zu beschleunigen.

Den Abstand zu Streckenbegrenzungen reizt sie dabei bis auf das Äußerste aus und kratzt auf diese Weise in jedem Teil der Strecke Zehntelsekunde um Zehntelsekunde gegenüber ihrem menschlichen Widersacher heraus. Letztlich konnte man auf jeder getesteten Strecke und mit jedem getesteten Automodell "übermenschliche" Ergebnisse erreichen, die selbst Topspieler nicht schlagen.

Der Proband, der professionell an Turnieren teilnimmt, einige Siege vorzuweisen hat und nicht genannt werden wollte, erklärt, dass er zwar auch so aggressiv fahren könne wie die KI, aber in Sachen Präzision nicht mithalten kann.

Vielversprechend

Das Ergebnis ist auch beachtlich, weil es – ähnlich wie in der Realität – auch in Gran Turismo schwer ist, ein Auto zu steuern, das an seine physikalischen Limits hinsichtlich Geschwindigkeit und Fahrstabilität gelangt. Nach Ansicht der Forscher zeigt das auch das Potenzial für die Verwendung von neuralen Netzwerken und des Reinforcement-Learning-Ansatzes für die Lösung komplexer Aufgabenstellungen.

Die nächste Version der KI soll auf allen Rennstrecken und mit einer größeren Auswahl an Automodellen umgehen können. Zudem arbeitet man daran, autonomen Autos beizubringen, auch bei höherer Geschwindigkeit sichere Überholmanöver durchzuführen. (gpi, 18.9.2020)