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Seit Tagen kursierten die Gerüchte, nun wurde daraus bittere Realität. Nach der Schweiz setzen auch Deutschland und Belgien Wien auf die "rote Liste". Das bedeutet zum einen, dass das deutsche Außenamt vor nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Wien warnt. Umgekehrt müssen sich Einreisende aus Wien in Deutschland verpflichtend auf das Coronavirus testen lassen – es sei denn, sie können ein negatives Testergebnis vorweisen, das höchstens 48 Stunden alt ist. Wiens Tourismus-Direktor Norbert Kettner spricht von einem weiteren Tiefschlag und gibt Durchhalteparolen aus.

Allein im Juni seien knapp 29 Prozent der Nächtigungsumsätze in den Wiener Betrieben Gästen aus Deutschland zu verdanken gewesen. Jetzt heiße es "durchhalten", so Kettner. Nach den Boomjahren brachen von Jänner bis Juli die Nächtigungen um 66 Prozent auf 3,2 Millionen ein, die Umsätze in der Hotellerie in ähnlichem Ausmaß.

Viel Platz vor dem Stefansdom. Was vielleicht Einheimische freut, die nicht vom Geschäft mit den Gästen leben, bringt viele Betriebe in existenzielle Nöte.
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Die Betriebe seien ohnehin auf das Schlimmste vorbereitet, sagt Doris Litschauer von der für Tourismus zuständigen AMS-Geschäftsstelle in Wien. "Man wartet gar nicht mehr auf Einnahmen aus dem Tourismus", laute der Tenor. Messen, Kongresse, darauf liegt nun die Hoffnung, denn auch Ballsaison, Christkindlmärkte und Silvester könnten mager ausfallen.

Neben der Hotellerie ist es vor allem die Gastronomie, die unter den Folgen der Corona-Pandemie am meisten zu leiden hat. Das lässt sich auch aus den Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS) ablesen. Von den gut 19.400 im August Vorgemerkten in Wien sind über 16.600 Gastrobetrieben zuzurechnen. Wobei die Nahversorger schon wieder ganz gut ins Geschäft zurückgefunden hätten, so Litschauer. Wer hingegen mit seinem Heurigen von den Gästen abhängt, die das international ausgerichtete Hotel vorbeischickt, oder von großen Betrieben, die ihre Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten lassen, hat es schwer.

Ideen und Hilfe

Taxi- und Busunternehmen, Freizeitbetriebe, Bäcker und andere Lebensmittelproduzenten leiden mit. Im Schloss Schönbrunn heißt es, dass derzeit 2000 Besucher pro Tag kommen. An starken Tagen der vorigen Jahre waren es fünfmal so viele. Platz zwei machten schon immer die Gäste aus Deutschland, zuletzt auch verstärkt jene aus Polen, Österreich – und aus Wien aus. Für sie hat man sich eigene günstigere Tickets überlegt. Auch die Stadt Wien will helfen. Am 24. September soll im Gemeinderat ein Hilfspaket für die Stadthotellerie beschlossen werden, das variable Kosten mit bis zu 50.000 Euro je Betrieb unterstützt.

Für Reisende, die bereits Unterkünfte oder Verkehrsmittel wie Flugzeug oder Bahn gebucht haben, gibt es wieder einiges zu beachten.
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Stefan Sittler-Koidl, Präsident des Wiener Praterverbands, will nicht jammern. "Wir sind Berufsoptimisten", sagt er. Im Sommer kamen viele Österreicher, um Klassiker wie Tagada und Breakdance wieder einmal zu besuchen. Für den Herbst hat man sich Ersatz für die Wiener Wiesn überlegt. Weil die ausfällt, wird es ab 18. September an drei Wochenenden kleinere Events geben. Die Musikkapelle kommt zu den Pratergastronomen, um den Gästen im Dirndl einen Rahmen zu bieten.

Was Reisende jetzt beachten müssen

Für jene, die nicht nach Wien kommen, sondern umgekehrt etwa nach Deutschland reisen, heißt es nun, sich kundig zu machen, so die ÖMTC-Jurstin Verena Pronebner. Die Details zu den jeweiligen Quarantäneregeln legen die Bundesländer fest. Wurde eine Pauschalreise gebucht, mit Reiseantritt innerhalb des Zeitraums, für den das Einreiseverbot gilt, kann man kostenlos vom Vertrag zurücktreten. Haben Individualreisende aus Wien nur eine Unterkunft gebucht, gelten die Stornobedingungen des jeweiligen Landes. Pronebner rät zu einer gütlichen Einigung mit dem Betrieb, etwa Umbuchung. Wird durch den Anbieter storniert, können Reisende die vollen Kosten zurückfordern. Werden Gäste zu einer vorzeitigen Abreise aufgefordert, können sie eine anteilige Rückerstattung verlangen.

Flug, Bahn und Bus

Was gilt, wenn ein Reisender aus Wien nur ein Flug-/Bahn- oder Busticket gebucht hat? Wird die Beförderung annulliert, also abgesagt, wird, erhalten Passagiere das Geld für den Ticketpreis zurück. Wurde die Beförderung, z. B. der Flug, allerdings noch nicht annulliert, dann dürfen Reisende aus Wien zwar nach Deutschland einreisen, müssen aber eventuell in Quarantäne, da in der kurzen Zeit kein negativer Coronatest vorgewiesen werden kann. "Es ist derzeit rechtlich noch unklar, ob der Flug als Einzelleistung vom Reisenden storniert werden kann, da er von der Airline durchgeführt werden könnte. Daher ist es ratsam, sofort Kontakt mit der Airline aufzunehmen", so die ÖAMTC-Jurstin.

Regelungen für Einreise in die Schweiz und nach Belgien

Die Bestimmungen für Reisende aus Wien in die Schweiz unterscheiden sich von den deutschen Regelungen. Wer von Wien in die Schweiz einreisen möchte, muss eine verpflichtende zehntägige Quarantäne antreten, ein "Freitesten" ist nicht möglich. Auch für Belgien brauchen Reisende aus Wien ab Freitag einen negativen Test, der unbedingt in Belgien durchgeführt werden muss – zusätzlich muss eine 14-tägige Quarantäne eingehalten werden, und zwar auch bei negativem Testergebnis. (Regina Bruckner, 17.9.2020)