Waldstädte gibt es in Österreich zwar nicht, aber immerhin zwei Gemeinden namens Wald. Neben jener am Schoberpaß (Bild) gibt es auch noch Wald im Pinzgau. Daneben spielt das Baum- und Blätterwerk auch in Waldburg, Waldegg, Waldenstein, Waldhausen im Strudengau, Waldhausen in Niederösterreich und Walding eine tragende Rolle. In Waldbach-Mönichwald sogar zweifach.

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US-Präsident Donald Trump lobt das österreichische Waldmanagement, sein Wissen in puncto Gehölz scheint aber ausbaufähig. Der STANDARD wollte es genauer wissen und hat eine Expertin befragt: Wie geht es dem österreichischen Wald, ist er wirklich explosiv, und was unterscheidet ihn von seinem US-amerikanischen Pendant? Und wären Waldstädte in ferner Zukunft vielleicht praktikabel? Monika Bargmann, Expertin und Bloggerin, gibt Auskunft.

STANDARD: US-Präsident Trump sagt, Österreicher leben im Wald oder zumindest in Waldstädten. Das legt nahe, dass er über den österreichischen Wald nicht perfekt informiert ist. Was müsste er denn zunächst wissen?

Bargmann: Der größte Unterschied zu den USA ist sicher der Waldanteil. Er liegt in Österreich bei circa 48 Prozent, und er steigt zunehmend. Wir sind bei den Ländern mit dem größten Waldanteil der EU. In den USA sind es nur 32 Prozent, während es Anfang des 17. Jahrhunderts noch 50 Prozent waren. Dort ist der Wald auch sehr vielfältig, allein durch die Unterschiede zwischen den Küsten und dem Inneren des Landes. Es sind also ganz andere Wälder als bei uns, aber es gibt auch Ähnlichkeiten. Zum Beispiel ist der Anteil an Privatbesitz etwa gleich. Und auch der größte Besitzer: Das ist in beiden Fällen der Bund.

STANDARD: Wo steigt der Waldanteil denn? Sind wir am Ende vielleicht gar auf dem Weg zu Waldstädten?

Bargmann: Man kommt in den Städten jetzt immer mehr drauf, dass mehr Bäume sinnvoll wären. Wien ist eine extrem grüne Stadt und hat auch Waldbezirke, etwa den 13., 14. und 22. Bezirk. Das ist positiv, aber es macht die Stadt selbst natürlich nicht zum Wald, auch wenn Alleebäume gut für das Stadtklima sind. Baumstädte sind statt Waldstädten also eher der Trend. Der Wald selbst nimmt eher in ländlichen Gebieten zu. Das hat auch negative Aspekte: Oft werden leider landwirtschaftliche Flächen aufgelassen, vor allem Almen und Weiden, die ökologisch wertvoll wären. Deshalb werden auch zunehmend Flächen bewusst freigehalten, die nicht verwalden sollen, zum Beispiel die Perchtoldsdorfer Heide. Und unser Waldwachstum erreichen wir auch auf Kosten des Auslandes: durch Holzimporte und Landwirtschaft dort.

STANDARD: Trump sagt auch, dass die Bäume in Österreich explosiv seien, sogar noch explosiver als die in Kalifornien. Tatsächlich kann zum Beispiel Eukalyptus explodieren. Gibt es so etwas auch in Österreich?

Bargmann: Soweit ich das verstanden habe, meint er ja, dass die explodieren und dadurch den Waldbrand auslösen. So etwas gibt es überhaupt nicht. Auch der Eukalyptus explodiert ja nicht von selbst, sondern erst nachdem er in Brand geraten ist. Aber es kann sein, dass ein Blitzeinschlag in einen Baum sich so anhört wie eine Explosion. Und auch bei uns gibt es Baumarten, die es bei Bränden zerreißen kann – zum Beispiel die Schwarzföhre, die sehr viel Harz hat. Eukalyptus gibt es bei uns nur vereinzelt, eher in botanischen Gärten. Ich würde mich nicht vor einem explodierenden Baum fürchten.

STANDARD: Trump lobt auch die Waldpflege in Österreich. Was wird bei uns denn da getan?

Bargmann: Er hat ja auch einmal gesagt, dass in Finnland die Leute den Wald zusammenrechen, damit Laub, Nadeln und Unterwuchs entfernt werden. Das hat damals viele Memes ausgelöst – Finnen mit Staubsaugern im Wald zum Beispiel. Aber für den Wald ist das eigentlich gar nicht wünschenswert, weil damit auch wichtige Nährstoffe verlorengehen.

STANDARD: Und was kann man bei uns zur Waldbrand-Prävention tun?

Bargmann: Die wichtigste Maßnahme ist immer der Waldbau. Also nicht nachher dann super löschen, sondern vorher schon mehr Laubbäume setzen, die viel mehr Wasser halten und die Feuchtigkeit in trockenen Sommern speichern. Und eine möglichst große Vielfalt bei den Altersklassen und den Baumarten ist wichtig. Das ist natürlich alles auf Jahrzehnte ausgelegt. Sonst kann man noch in Schutzstreifen tatsächlich den Unterwuchs und das brennbare Material entfernen.

STANDARD: Nehmen die Waldbrände auch in Österreich mit dem Klimawandel zu?

Bargmann: Es sind im Vergleich zum Mittelmeerraum immer noch ziemlich wenige. Flammenwände wie in den USA und Australien gibt es überhaupt nicht. Tendenziell nehmen die Brände aber schon zu. Die Schneeschmelze funktioniert jetzt viel schneller als früher, und daher fehlt das Wasser. Und generell gibt es auch weniger Schnee, sodass die Trockenheit zunimmt. Die Bäume haben dann einen Trockenstress, es fällt früher mehr ab, und dann kann es auch leichter brennen. Und natürlich ist auch die höhere Temperatur ein Faktor. Derzeit gibt es zwischen 100 und 300 Waldbrände im Jahr. Die Zahl steigt nicht jedes Jahr gleichförmig an. Das ist über eine Klimaperiode von 30 Jahren zu sehen. Aber die Tendenz dürfte schon steigend sein.

STANDARD: Waldstädte gibt es zwar nicht, aber doch einige Stadtwälder. Muss man die irgendwie anders pflegen?

Bargmann: Im Wesentlichen nicht. Für das bebaute Stadtgebiet gibt es bestimmte Baumarten, die Verkehr und Abgase besser aushalten und mit kleinen Flächen gut auskommen. Aber das ist halt meistens kein Wald nach der Definition im Forstgesetz (mindestens 1.000 Quadratmeter Fläche und durchschnittlich zehn Meter Breite, Anm.), sondern man pflanzt das wegen des Klimas oder für den Schatten und einfach, weil es schön ausschaut.

STANDARD: Wären Waldstädte für Wald und Mensch vielleicht wünschenswert?

Bargmann: Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Trump das gemeint hat und wie das ausschauen soll. Für die Tiere im Wald wäre es wahrscheinlich nicht so toll, wenn da zwischendurch ein Hochhaus steht. Die brauchen Schutzräume. Für die Menschen wäre es vielleicht ganz schön, wenn zwischendurch ein paar Waldflächen sind, wo man zum Beispiel Trends wie Waldbaden folgen kann. Wobei der verdichtete Wohnbau schon auch seinen Zweck hat. Und Wien ist ja auch wirklich mit Parks gesegnet. Das ist zwar kein Wald, aber immerhin etwas.

STANDARD: Also besser in den Park und nicht in den Wald?

Bargmann: Es gibt seit den 1970er-Jahren das Forstgesetz, sodass mit einigen Ausnahmen jeder Wald betreten werden kann. Und das sollte man natürlich schon machen und nützen. Andererseits werden über 80 Prozent der Waldbrände von Menschen verursacht. Und wenn man dann in einer Trockenperiode spazieren geht, und es liegen 30 Zigarettenstummeln auf einem kurzen Weg – da werde ich dann schon wütend, das ist einfach völlig unnötig. Diese Brände sollten vermieden werden.

STANDARD: Bringt Corona den Wäldern eigentlich mehr Besucher?

Bargmann: Garantiert. Bekannte, die in Gegenden wie dem Almtal wohnen, wollten heuer teils selbst nicht mehr in den Wald gehen, weil da so viele Leute waren. Da hatten wir schon in einigen Gebieten eine Übernutzung. (Manuel Escher, 18.9.2020)