Kaum ist die Hiobsbotschaft gesickert, dass der Lastwagenbauer MAN 2023 den rund 2300 Mitarbeitern im Steyrer Werk das Licht abdrehen will, steht in Oberösterreich der nächste drastische Jobabbau bevor. Der Rieder Luftfahrtzulieferer FACC zieht die Reißleine und streicht nach Auslaufen der Kurzarbeit Ende September wegen der Misere in der Airlinebranche 650 Jobs. Es wird vorwiegend Beschäftigte in der Produktion treffen, die Hälfte davon Frauen. Besonders bitter: Auch langgediente Mitarbeiter trifft es. Rund ein Fünftel der Jobs wird in der Verwaltung wegfallen, sagt FACC-Chef Robert Machtlinger gegenüber dem STANDARD. Die Beschäftigtenzahl sinkt von 3400 auf 2700.

FACC-Chef Robert Machtlinger informierte die Belegschaft über die Kündigung von 650 Dienstverhältnissen.
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Trotz der Bemühungen, ausgelagerte Produkte wieder in das Unternehmen zu holen, das Portfolio zu erweitern und dadurch rund 150 Arbeitsplätze zu schaffen, sei man um diese harte Maßnahme nicht herumgekommen, so Machtlinger. In den kommenden Tagen werden die Betroffenen, die aus Braunau, Schärding, Ried oder Deutschland kommen, persönlich informiert. Am Freitag hat Machtlinger in der Messe Ried vor versammelter Belegschaft den Einschnitt angekündigt.

Sozialplan geschnürt

Gewerkschaftsvertreter Wolfgang Gerstmayer von der GPA-djp sagt, man sei angesichts der Umstände froh, sich mit der Geschäftsführung auf einen Sozialplan verständigt zu haben, dieser sei mit Rücksicht auf Personen mit Kindern und ältere Arbeitnehmer geschnürt worden, zudem gebe es einen Härtefallfonds.

Für die Region ist die Nachricht ein schwerer Schlag. Oberösterreich gehört neben der Steiermark und Niederösterreich zu jenen Bundesländern, in denen neben dem Tourismus auch die Auftragslage in der Industrie maßgeblich die Arbeitsmarktentwicklung bestimmt.

Kappt ein Leitbetrieb wie FACC Kapazitäten, trifft das andere Zulieferer, Transporteure, Gewerbebetriebe, die Gastronomie. Noch ist die Arbeitslosigkeit mit 28 Prozent nicht viel höher als im gesamten Bundesland, sagt Iris Schmidt, Vizegeschäftsführerin vom AMS in Oberösterreich. Die Arbeitslosenquote lag im August bei 6,2 Prozent. Rund 94.000 Beschäftigte sind in Oberösterreich in Kurzarbeit. Im Herbst dürften sich weitere Betriebe gezwungen sehen, Jobs abzubauen.

Die Beschäftigten stehen vor einem Wochenende quälender Ungewissheit. Wen es trifft, werden sie erst in den nächsten Tagen wissen.
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Wobei es für Fachkräfte durchaus Hoffnung gibt, sagt Schmidt: "Sie sind immer gesucht." Gut möglich, dass so manche schon von anderen Betrieben umworben würden. Auch FACC-Betriebsratschef Jürgen Fischer hofft, dass die Kollegen bald wieder Arbeit finden. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) verweisen auf einen weiteren Leitbetrieb in Oberösterreich. Der Motorradhersteller KTM suche 200 Leute. Achleitner spricht zudem von der Möglichkeit einer Stiftungslösung. LH-Vize Manfred Haimbuchner (FPÖ) indes beklagt "eine industriefeindliche Politik, sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene".

Junge Industrieregion

Für die Region selbst drängt sich der Vergleich mit Steyr auf. Der Anteil der Erwerbstätigen in der Industrie ist vergleichbar. Wobei die Innviertler eher Kompetenzen in Kunststoff- und Metallerzeugung und Maschinenbau entwickelten. Während die Steyrer auf eine lange Industrietradition bauen, sind die Innviertler später auf diesen Pfad eingeschwenkt. Man hat sich nach dem Niedergang der Skiindustrie quasi neu erfunden.

Das wird man weiterhin tun müssen, sagt Holger Friehmelt. Dass man mit der Luftfahrt auf das falsche Pferd gesetzt hat, glaubt der Leiter des Studienganges Luftfahrt an der FH Joanneum in Graz nicht. Die Erholung werde "länger dauern, als uns allen lieb ist". Aber der Frachtverkehr sei weniger eingebrochen, Business Aviation, Simulatoren, vieles würde auch jetzt laufen. Friehmelt vertraut auf die Innovationskraft der Betriebe. Einige Hundert mit 8000 Beschäftigten in Österreich beliefern neben der Luftfahrt auch die Autoindustrie. Wobei eine breite Aufstellung hilft. Miba mit Sitz in Laakirchen und 30 Produktionsstätten weltweit lässt Ende September großteils die Kurzarbeit auslaufen, sagt Sprecher Wolfgang Chmelir: "Die Lage hat sich stabilisiert." (Regina Bruckner)