Bild nicht mehr verfügbar.

"Das Gejammer der linken Szene in Budapest ist nichts Neues" – "Zur Zeit" über Viktor Orbáns Umbau der Universität für Theate rund Filmkunst.

Foto: Reuters / John Thys

Wenn es um ihr aktuelles Idol geht und wenn es nicht mehr anders geht, dann gibt es die "Kronen Zeitung" billiger. Regierung muss mehr Gefühl zeigen, titelte sie vor einer Woche irreführend, ging es doch bei den Migrantenkindern von Moria nicht um die Gefühlsarmut der Regierung, sondern lediglich um die des Bundeskanzlers.

Kein Gefühlsüberschuss des Kanzlers

Aber schon Sonntag prahlte sie vor dem Volk mit ihrem Einfluss auf denselben, der Aufmacher lautete diesmal: Kanzler reagiert auf Herzlos-Kritik. Auf Deutsch: Kanzler spurt, wenn die "Krone" emotionalen Leserdruck registriert. Die Reaktion des Kanzlers verriet übrigens keinerlei Gefühlsüberschuss, blieb er doch bei seinem Nein gegen die Kinder, die Regierung verdoppelte bloß ihre materielle Hilfe.

Samstag hatte sich die Leitartiklerin noch abgequält: Keine Empathie, wenn traurige Kinderaugen ins Leere blicken, wenn sie sich kraftlos an ihr Stofftier kuscheln, während sie auf einer dünnen Decke auf dem Asphalt liegen, wenn sie keinerlei Hoffnung mehr verspüren. Nein, das kann nicht der richtige Weg sein. Politik besteht nicht nur aus Strategie, sondern es darf, ja es muss auch Gefühl dabei sein.

Nicht unbedankt einen Haufen Geld zuschieben

Am Sonntag hatte sich der Chefredakteur mit der Realität, also dem Nein des Bundeskanzlers schon wieder abgefunden. Von zwei Welten getrieben ist die österreichische Flüchtlingspolitik anhaltend, wie man es auch rund um die Nicht-aufnahme von Kindern aus dem niedergebrannten Lager Moria sieht: von der türkisen und der blauen! Von Grün bleibt nur der Eindruck eines unzufriedenen "Wir-hätten-es-eh-wollen"-Anhängsels. Der Kanzler konnte mit der "Krone" zufrieden sein. Man will ihr ja nicht unbedankt einen Haufen Geld zuschieben.

Wichtigeren Ereignissen widmete sich die freiheitliche "Zur Zeit". Fellner heiratet ... seine Tamara. Und das war nicht ganz einfach. In der momentanen Situation ist es schwierig, große Feste zu feiern, jedoch wollen es sich Österreichs Promis, trotz strenger Hand der Regierung, nicht nehmen lassen, sich zu den verschiedensten Stelldichein zusammenzufinden: So ein Anlass war unter anderem die Hochzeit des "Mediengruppe-Österreich"-Chefs Wolfgang Fellner mit seiner Tamara.

Ausgerechnet "seine Tamara" und nicht irgendeine andere

Dass er ausgerechnet seine Tamara und nicht irgend eine andere heiratete, wird schon seinen Grund gehabt haben. Es war aber nur eine kleine und intime Hochzeit. Dafür ließ man sich nicht lumpen: Geheiratet wurde – wo sonst? – im Wiener Stephansdom, die Segnung nahm dabei Dompfarrer Toni Faber – wer sonst? – persönlich vor. Bereits zuvor gab sich das Brautpaar am Standesamt – wer hätte das gedacht? – das Ja-Wort. Im Anschluss an die festliche Zeremonie wurde die Hochzeit – natürlich unter Einhaltung aller Distanzauflagen –wo sonst? – in Attila Dogudans Do & Co stilvoll gefeiert. Für den entsprechenden Stil sorgte die Entourage.

Unter den Gratulanten und Gästen waren neben Fellners Familie auch der ORF-Chef Alexander Wrabetz, Nationalrats-Abgeordnete Doris Bures, das Verleger-Paar Ekaterina und Christian W. Mucha, Medien-Manager Hans Mahr, Ö3-Frühstückerin Claudia Stöckl, Ski-Legende Karl Schranz, Event-Guru Hannes Jagerhofer, Netzwerker Wolfgang Rosam und zahlreiche weitere VIPs, die der Redaktion von "Zur Zeit" aber keine Namensnennung wert waren.

"Orbán erkämpft für das Volk kulturelle Hegemonie"

Freiheitliche Leser, die sich besorgten, "Zur Zeit" würde "Österreich" Konkurrenz machen, konnten sich durch einen Artikel beruhigen, in dem Antonio Gramsci als Vorbild für Viktor Orbán ausgewiesen wurde. Warum, ist klar. Viktor Orbán erkämpft für das Volk die kulturelle Hegemonie im Sinne Antonio Gramscis.

Es ist nämlich so: Irgendwann ist die Geduld des ungarischen Volkes, repräsentiert durch Viktor Orbán, erschöpft. Daher wird nun die Budapester Universität für Theater und Filmkunst durchgehend reformiert. Denn nur eine kleine, sich progressiv dünkende Minderheit erfreut sich an verhunzten Theaterstücken, an absurden Filmen. Die große Mehrheit der Bürger wünscht jedoch Werktreue im weitesten Sinn, es geht also nur um die Rettung der Kunst vor den Künstlern. Diese reagieren wie üblich, sie schwafeln vom Verlust der Autonomie, von einer Übernahme durch die Regierung.

Das Gejammer der linken Szene in Budapest ist nichts Neues. ... Natürlich ist es der linken Szene unbenommen, weiterhin ihr Tingel-Tangel anzubieten. Aber Viktor Orbán und die Seinen kämpfen dafür, dem Volk auch im Theaterwesen die kulturelle Hegemonie im Sinne Antonio Gramscis zu sichern. Schade, dass Viktor Orbán so oft verkannt wird! (Günter Traxler, 19.9.2020)