Seit Ausbruch des neuartigen Virus wird vor der Einnahme von Bleichmitteln gewarnt, diesen wird aufgrund von Falschinformationen eine heilende oder schützende Wirkung zugesprochen. Auf Amazon lassen sich nun jene Produkte finden, die von einnehmenden Personen als MMS – "Miracle Mineral Solution" – bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um eine Chlordioxid-Lösung, die mehrfach von Behörden als gesundheitsschädigend eingestuft wurde.

Die Chlordioxid-Lösung wird von MMS-Befürwortern seit Jahren fälschlicherweise als "Allheilmittel" beworben
Foto: Screenshot/Amazon

Krebs, Malaria, Autismus, Covid-19

Auf Amazon wird die chemische Lösung von der Marke CDKit und Natrichlor angeboten, laut Beschreibung handelt es sich dabei um ein Mittel zur Wasseraufbereitung. Auch wird aus rechtlichen Gründen vor einer Einnahme der Lösung gewarnt. In den Bewertungen wird jedoch erkennbar, dass Amazon-Kunden das Chlordioxid nicht für die Desinfektion von Oberflächen oder Wasseranlagen verwenden, sondern es als "Heilmittel" für Covid-19, Tumore oder andere Beschwerden empfehlen.

Die Chlordioxid-Lösung hat über 300 Bewertungen erhalten, wie "The Guardian" berichtet. Die Nutzer sprechen von einer desinfizierenden Wirkung, die stark an jene kontroversen Aussagen von US-Präsidenten Trump im April erinnern, mit welchen er die "interne Desinfektion" als mögliche Corona-Behandlung vorschlug. So wird von MMS-Befürwortern fälschlicherweise beworben, dass das Bleichmittel ein Allheilmittel für fast alle Krankheiten ist, einschließlich Malaria, HIV, Krebs und seit neuestem auch Covid-19.

MMS-Forum in Amazon-Rezensionen

Ein Kunde schildert etwa, dass er es verwende, um seine Eingeweide zu reinigen. Ein weiterer Amazon-Kunde schrieb: "Meine Mutter, die 77 Jahre alt ist, hat Corona, Covid, und hatte Bauchschmerzen, sehr extreme Kopfschmerzen, Müdigkeit… Nun, sie hat angefangen, MMS zu nehmen und WIRKLICH, sie war am NÄCHSTEN Tag ging es ihr etwas besser und am Tag darauf ging es ihr total gut !!".

Das Rezensionssegment von Amazon verwandelte sich in eineen Herd für Falschinformationen
Foto: Screenshot/Amazon
Ein Nutzer schildert Beschwerden nach der Einnahme, ermutigt andere dennoch mit der gefährlichen Prozedur fortzufahren
Foto: Screenshot/Amazon

Besonders bizarr erscheint eine Bewertung, die eine Anleitung zur Inhalierung des Bleichmittels beschreibt. Sollte es in den Atemwegen brennen, sei dies ein gutes Zeichen, da die Lösung "wirke". Andere MMS-Verfechter kommentierten den Beitrag, und meinten, es handele sich um "Fake News", denn das Bleichmittel dürfe nicht eingeatmet werden sondern müsse getrunken werden.

Behördliche Warnung

Die amerikanische Verband für Giftkontrollzentren hat bisher mehr als 16.000 Fälle von Chlordioxidvergiftungen registiert, bei 2.500 Fällen handelte es sich um Kinder unter 12 Jahren. Im vergangenen August warnte die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel vor den lebensbedrohlichen Wirkungen von MMS-Bleichprodukten.

In ganz Südamerika wurden ebenfalls mehrere Todesfälle von Menschen gemeldet, die Bleichmittel einnahmen, da es als "Wundermittel" vermarktet wurde. In Argentinien starb etwa ein fünfjähriger Junge im August, nachdem er Chlordioxid als Covid-Heilmittel erhalten hatte.

Inhaber in MMS-Foren aktiv

Der Hersteller der Bleichmittel von CDKit und Natrichlor steht laut "The Guardian" in Verbindung mit einem Online-Shop namens Keavis Corner. Dieser gibt an seine Produkte strikt im gesetzlichen Rahmen zu vertreiben und seine Angebote stets mit den Gesundheitswarnungen der Behörden zu verlinken. Recherchen ergaben jedoch, dass der Inhaber des Geschäfts laufend in MMS-Foren aktiv ist.

Bereits im März hatte Amazon angekündigt strenger gegen die Verbreitung von gefährlichen und falschen "Covid-19 Wundermitteln" vorzugehen und hat bereits tausende MMS-Artikel entfernt, darunter auch jene Bücher, aus denen viele der Gerüchte stammen. Dennoch scheinen Dritt-Anbieter weiterhin Möglichkeiten zu finden, falsche Covid-19-Heilmitel auf der Online-Plattform zu vertreiben. Amazon hat sich bisher noch nicht zu den Produkten oder Rezensionen geäußert. (red, 19.09.2020)